Zeit ist eine Art von Gott rhythmisch strukturierter Raum, in dem ein beständiges Werden und Vergehen stattfindet.
Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 6, Thema „Zeit“. Das mit der Zeit ist eine seltsame Sache: sie umgibt uns überall und bleibt doch ungreifbar. Manchmal vergeht sie quälend langsam, dann wieder viel zu schnell. Wir hätten gerne mehr von ihr – und vergeuden sie doch allzu oft. In dieser Staffel wollen wir versuchen, genau das tiefer zu verstehen und zu lernen, auf gute Weise in der Zeit zu leben.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt
und lasse es ruhig werden in mir.
Ich nehme mir Zeit und atme langsam und bewusst.
Herr über Zeit und Ewigkeit: du bist hier. Jetzt.
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Alles hat seine Zeit. Das gilt für alles, was auf der Erde geschieht.
Neues Leben hat seine Zeit und Sterben hat seine Zeit.
Kranksein hat seine Zeit und Gesundsein hat seine Zeit.
Weinen und Klage haben ihre Zeit, aber auch Jubel, Leichtigkeit und Freude.
Konflikte und Kriege haben ihre Zeit, aber auch Versöhnung und Friede.
Es gibt eine Zeit für Umarmung und Liebe, und eine Zeit für Loslassen und Sich-Trennen.
Es gibt eine Zeit für Rushour, Schnelligkeit und Zeitdruck, und eine Zeit für Ruhe, Durchatmen und Pausen.
Alles hat Gott so eingerichtet, dass es schön ist zu seiner Zeit – sogar die Ewigkeit hat Gott dem Menschen ins Herz gelegt.
Nur dass der Mensch nicht in der Lage ist, das Werk Gottes zu begreifen: er durchschaut weder, wo es beginnt, noch wo es endet.
nach Prediger 3
Zeit. Nichts ist für uns selbstverständlicher. Zeit ist das, worin wir uns bewegen wie ein Fisch im Wasser. Und doch bringt uns die Frage danach, was genau Zeit eigentlich ist, in Verlegenheit. Dem alten Kirchenvater Augustinus wird folgendes Zitat zugeschrieben: „Was also ist Zeit? Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich’s. Will ich’s aber einem Fragenden erklären, weiß ich’s nicht.“
Wir hören auf Anfangsworte aus dem 1. Buch Mose, Kapitel 1:
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
1. Mose 1,1-5
Die Schöpfungserzählung der Bibel beginnt mit einem Zeitwort: „Im Anfang“. Einen Anfang kann es nur geben, wenn es so etwas wie Zeit gibt.
Bis in das zwanzigste Jahrhundert hinein war die Wissenschaft davon überzeugt, dass das Universum keinen Anfang und kein Ende hat, also zeitlos ist. Dann entdeckte man die sog. Kosmische Hintergrundstrahlung. Sie gilt als Beleg dafür, dass es vor gut 13 Milliarden Jahren sehr wohl einmal einen Anfang gab, einen sehr heißen, dichten Anfang, der explodiert ist und sich seitdem beständig ausdehnt und abkühlt. Das Universum ist demnach eine einzige große kosmische Uhr, die ständig läuft und voranschreitet. Wenn man – wie die Physiker – das Universum unter die große Überkategorie „Natur“ packt, kann man sagen: Zeit ist die beständige Veränderung von Natur.
Die Schöpfungserzählung erzählt auf ihre Weise genau davon:
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
1. Mose 1,1-5
Vielleicht kann man sagen: Zeit ist eine Art von Gott rhythmisch strukturierter Raum, in dem ein beständiges Werden und Vergehen stattfindet. Ein Tag folgt auf den anderen, und in diesem Rhythmus entstehen, verändern sich und sterben sowohl Pflanzen, wie auch Tiere und Menschen. Selbst unbelebte Materie wie Stein entsteht und verändert sich mit der Zeit.
In der Stille lasse ich einfach nur das Vergehen von Zeit auf mich wirken.
Herr meiner Stunden und meiner Jahre, du hast mir viel Zeit gegeben.
Sie liegt hinter mir und sie liegt vor mir. Sie war mein und sie wird mein, und ich habe sie von dir.
Ich danke dir für jeden Schlag der Uhr und für jeden Morgen, den ich sehe.
Ich bitte dich nicht, mir mehr Zeit zu geben. Ich bitte dich aber um Weisheit und Willenskraft, dass ich meine Tage gut lebe.
Lehre mich, ein wenig Zeit freizuhalten von Ablenkung und Pflichten: ein wenig für Stille und Gebet, ein wenig für das Spiel, ein wenig für die Menschen um mich, die meine Liebe und meine Aufmerksamkeit brauchen.
Ich bitte dich um Sorgfalt, dass ich meine Zeit nicht töte, nicht vertreibe, nicht verderbe.
Jede Stunde ist wie ein Streifen Land. Ich möchte ihn aufreißen mit dem Pflug und Liebe hineinwerfen, damit Frucht wächst. Segne du meinen Tag.
nach Jörg Zink