Unsere Nachfolge Jesu braucht ein tragendes Gerüst aus heilsamen und heiligen Gewohnheiten und Rhythmen.
Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 6, Thema „Zeit“. Das mit der Zeit ist eine seltsame Sache: sie umgibt uns überall und bleibt doch ungreifbar. Manchmal vergeht sie quälend langsam, dann wieder viel zu schnell. Wir hätten gerne mehr von ihr – und vergeuden sie doch allzu oft. In dieser Staffel wollen wir versuchen, genau das tiefer zu verstehen und zu lernen, auf gute Weise in der Zeit zu leben.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt
und lasse es ruhig werden in mir.
Ich nehme mir Zeit und atme langsam und bewusst.
Herr über Zeit und Ewigkeit: du bist hier. Jetzt.
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Alles hat seine Zeit. Das gilt für alles, was auf der Erde geschieht.
Neues Leben hat seine Zeit und Sterben hat seine Zeit.
Kranksein hat seine Zeit und Gesundsein hat seine Zeit.
Weinen und Klage haben ihre Zeit, aber auch Jubel, Leichtigkeit und Freude.
Konflikte und Kriege haben ihre Zeit, aber auch Versöhnung und Friede.
Es gibt eine Zeit für Umarmung und Liebe, und eine Zeit für Loslassen und Sich-Trennen.
Es gibt eine Zeit für Rush-Hour, Schnelligkeit und Zeitdruck, und eine Zeit für Ruhe, Durchatmen und Pausen.
Alles hat Gott so eingerichtet, dass es schön ist zu seiner Zeit – sogar die Ewigkeit hat Gott dem Menschen ins Herz gelegt.
Nur dass der Mensch nicht in der Lage ist, das Werk Gottes zu begreifen: er durchschaut weder, wo es beginnt, noch wo es endet.
nach Prediger 3
John Mark Comer hat vor einiger Zeit ein sehr eindrucksvolles Buch geschrieben: „The ruthless elimination of hurry“ (auf Deutsch erschienen unter dem Titel „Das Ende der Rastlosigkeit“). Darin ringt er mit unserem westlichen Zeiterleben, mit all der Überfülle und Hektik, mit den allgegenwärtigen Ablenkungen und der Oberflächlichkeit und Erschöpfung, die daraus folgen. Schließlich entdeckt er die Einladung Jesu aus Matthäus 11,28 neu, die wir – in Eugene Petersons „The Message“-Version bereits in Folge 10 gehört haben:
Fühlst du dich müde? Erschöpft? Abgenutzt? Ist dein Leben zu laut?
Komm zu mir! Komm mit mir und ich werde dir dein Leben wiedergeben!
Ich lehre dich wahre Ruhe. Komm und arbeite mit mir gemeinsam – achte auf mich und lerne von mir.
Erlerne den Rhythmus der Gnade, der frei ist von Zwang und Getrieben-Sein.
Ich erlege dir nichts auf, was du nicht tragen kannst oder was dich krank macht.
Bleibe in mir und du wirst lernen, frei und leicht zu leben.
frei nach Matthäus 11,28
John Mark Comer zeigt auf, dass es in der Nachfolge Jesu nicht nur um bestimmte Glaubensinhalte oder um ein bestimmtes ethisches Handeln geht, sondern um einen kompletten Lebensstil. Jesus war Rabbi, Lehrer und hat mit seinen Lehren den Weg gewiesen hinein in das gute Leben, das er selbst verkörpert und gelebt hat: ein Leben voller Ruhe, Klarheit und Fokus, mit klaren Prioritäten, innerer Freiheit und einer tiefen Liebe zu Gott und den Menschen. Wenn wir mit Jesus mitgehen, seinen Lebensstil studieren, mit Jesus gemeinsam arbeiten und von Jesus lernen, werden wir zunehmend freier und leichter leben.
Und genau dafür, argumentiert Comer, brauchen wir eine bestimmte Lebensregel, bestimmte heilsame und heilige Grundrhythmen und Gewohnheiten – wie Jesus selbst. Und er gebraucht dafür das Bild vom Weinstock. Jeder Weinstock hat ein sog. „Spalier“, ein tragendes Gerüst, das ihn aufrechterhält, damit er wachsen und gute Früchte bringen kann. John Mark Comer schreibt:
„Was ein Spalier für den Weinstock ist, ist eine Lebensregel für dein ‚Bleiben in Jesus‘. Sie ist eine Struktur – in diesem Fall ein Zeitplan und eine Reihe von Praktiken –, um das Bleiben als wichtigstes Anliegen in deinem Leben zu verankern. Sie kann dir helfen, dein ganzes Leben so zu strukturieren, dass die Einübung in die Gegenwart Gottes im Zentrum steht bei allem, was du tust – ob du arbeitest, ruhst, spielst, (…) Besorgungen machst oder Nachrichten liest.“
In der Stille überlege ich, welche heilsamen und heiligen Grundrhythmen und Gewohnheiten ich bereits in meinem Leben habe, die mich mit der Gegenwart, Liebe und Ruhe Jesu verbinden.
Herr meiner Stunden und meiner Jahre, du hast mir viel Zeit gegeben.
Sie liegt hinter mir und sie liegt vor mir. Sie war mein und sie wird mein, und ich habe sie von dir.
Ich danke dir für jeden Schlag der Uhr und für jeden Morgen, den ich sehe.
Ich bitte dich nicht, mir mehr Zeit zu geben. Ich bitte dich aber um Weisheit und Willenskraft, dass ich meine Tage gut lebe.
Lehre mich, ein wenig Zeit freizuhalten von Ablenkung und Pflichten: ein wenig für Stille und Gebet, ein wenig für das Spiel, ein wenig für die Menschen um mich, die meine Liebe und meine Aufmerksamkeit brauchen.
Ich bitte dich um Sorgfalt, dass ich meine Zeit nicht töte, nicht vertreibe, nicht verderbe.
Jede Stunde ist wie ein Streifen Land. Ich möchte ihn aufreißen mit dem Pflug und Liebe hineinwerfen, damit Frucht wächst. Segne du meinen Tag.
nach Jörg Zink