Um unser Leben gut zu leben, muss unser Fokus stimmen.
Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 6, Thema „Zeit“. Das mit der Zeit ist eine seltsame Sache: sie umgibt uns überall und bleibt doch ungreifbar. Manchmal vergeht sie quälend langsam, dann wieder viel zu schnell. Wir hätten gerne mehr von ihr – und vergeuden sie doch allzu oft. In dieser Staffel wollen wir versuchen, genau das tiefer zu verstehen und zu lernen, auf gute Weise in der Zeit zu leben.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt
und lasse es ruhig werden in mir.
Ich nehme mir Zeit und atme langsam und bewusst.
Herr über Zeit und Ewigkeit: du bist hier. Jetzt.
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Alles hat seine Zeit. Das gilt für alles, was auf der Erde geschieht.
Neues Leben hat seine Zeit und Sterben hat seine Zeit.
Kranksein hat seine Zeit und Gesundsein hat seine Zeit.
Weinen und Klage haben ihre Zeit, aber auch Jubel, Leichtigkeit und Freude.
Konflikte und Kriege haben ihre Zeit, aber auch Versöhnung und Friede.
Es gibt eine Zeit für Umarmung und Liebe, und eine Zeit für Loslassen und Sich-Trennen.
Es gibt eine Zeit für Rush-Hour, Schnelligkeit und Zeitdruck, und eine Zeit für Ruhe, Durchatmen und Pausen.
Alles hat Gott so eingerichtet, dass es schön ist zu seiner Zeit – sogar die Ewigkeit hat Gott dem Menschen ins Herz gelegt.
Nur dass der Mensch nicht in der Lage ist, das Werk Gottes zu begreifen: er durchschaut weder, wo es beginnt, noch wo es endet.
nach Prediger 3
Unser Leben ist im Grunde nicht mehr als die Summe aller Dinge, denen wir unsere Aufmerksamkeit geschenkt haben – das war die Essenz aus letzter Folge. Wir bleiben deshalb noch ein paar Folgen bei diesem Thema.
Wie zentral Aufmerksamkeit und Fokus auch für ein Leben im Glauben ist, wird spürbar, wenn Paulus das Leben im Glauben mit einem sportlichen Wettkampf vergleicht, bei dem der Sportler sich ganz auf seine Leistung und auf sein Ziel fokussiert:
Denkt daran, dass alle wie in einem Wettrennen laufen, aber nur einer den Siegespreis bekommt. Lauft so, dass ihr ihn gewinnt! Jeder, der an einem Wettrennen teilnehmen will, unterwirft sich einer strengen Disziplin. (…) Ich selbst halte ich mir stets das Ziel vor Augen und laufe mit jedem Schritt darauf zu und trainiere meinen Körper mit eiserner Disziplin.
1. Korinther 9, 24-26
Auf einen Leichtathletik-Sprint-Wettkampf über 100, 200 oder 400 Meter, bereiten sich Sportler monatelang vor. Sie strukturieren ihren Tag, balancieren Trainings- und Ruhezeiten, optimieren ihre Ernährung, schützen ihren Schlaf, imaginieren und trainieren ihre Bewegungsabläufe und sagen „Nein“ zu allerhand Gewohnheiten und Verlockungen, die ihre Leistung beeinträchtigen würden. Und wenn dann der Wettkampf beginnt, fokussieren sie sich ganz auf ihre Leistung und auf ihr Ziel. Ihr Blick ist streng auf das Ziel gerichtet. Würden sie sich ablenken lassen oder sich nach anderen Mitläufern umschauen, würden sie ihre schmale Bahn übertreten oder sogar straucheln. Alles entscheidet sich an Konzentration, Disziplin und Fokus.
Denkt daran, dass alle wie in einem Wettrennen laufen, aber nur einer den Siegespreis bekommt. Lauft so, dass ihr ihn gewinnt! Jeder, der an einem Wettrennen teilnehmen will, unterwirft sich einer strengen Disziplin. (…) Ich selbst halte ich mir stets das Ziel vor Augen und laufe mit jedem Schritt darauf zu und trainiere meinen Körper mit eiserner Disziplin.
1. Korinther 9, 24-26
So wenig einem Athleten der Siegespreis in den Schoß fällt, so wenig fällt uns ein Leben voll Glaube, Hoffnung und Liebe in den Schoß. Das Leben, in das Jesus uns ruft, ist eines voller Großzügigkeit, Vertrauen, Gerechtigkeit und Heiligkeit. Ein Leben, das von den Früchten des Geistes geprägt ist: Liebe, Freude, Frieden, Gnade, Treue, Selbstbeherrschung. All das stellt sich – leider – nicht von selbst ein.
Natürlich gilt: das Wesentliche in unserem Leben können wir nicht machen. Wir können unserem Herz nicht einfach befehlen, Liebe und Frieden im Übermaß zu produzieren. Das wirkt Gottes Geist in uns. Unsere Aufgabe dabei ist, Gottes gutem Geist in uns möglichst viel Raum zu verschaffen: durch Gebet, durch Herzensumgang mit biblischen Worten, durch Stille, durch Fasten und einfaches Leben, durch Großzügigkeit und durch das Meiden von dem, was uns von Gott weg zieht, was uns mit dunklen Begierden füllt oder in der Oberflächlichkeit des Lebens gefangen hält.
Für all das braucht es Disziplin und Fokus. Diese Dinge brauchen Priorität in unserem Leben – oder gehen ansonsten unter. Wir brauchen Trainingszeiten, in denen wir unsere Aufmerksamkeit bewusst Gott zuwenden, dem Wahren, dem Guten und dem Schönen. Wir müssen darum ringen, all die Ablenkungen zu minimieren, die uns ständig umgeben und locken.
In der Stille lasse ich mir von Gott zeigen, was mich zurzeit am stärksten von einem Leben voller Glaube, Hoffnung und Liebe abhält. Für meinen vor mir liegenden Tag nehme ich mir dann eine Sache vor, die Gottes gutem Geist mehr Raum in mir verschafft.
Herr meiner Stunden und meiner Jahre, du hast mir viel Zeit gegeben.
Sie liegt hinter mir und sie liegt vor mir. Sie war mein und sie wird mein, und ich habe sie von dir.
Ich danke dir für jeden Schlag der Uhr und für jeden Morgen, den ich sehe.
Ich bitte dich nicht, mir mehr Zeit zu geben. Ich bitte dich aber um Weisheit und Willenskraft, dass ich meine Tage gut lebe.
Lehre mich, ein wenig Zeit freizuhalten von Ablenkung und Pflichten: ein wenig für Stille und Gebet, ein wenig für das Spiel, ein wenig für die Menschen um mich, die meine Liebe und meine Aufmerksamkeit brauchen.
Ich bitte dich um Sorgfalt, dass ich meine Zeit nicht töte, nicht vertreibe, nicht verderbe.
Jede Stunde ist wie ein Streifen Land. Ich möchte ihn aufreißen mit dem Pflug und Liebe hineinwerfen, damit Frucht wächst. Segne du meinen Tag.
nach Jörg Zink