Psalm 133 vergleicht die Auswirkungen von gelungener christlicher Gemeinschaft mit Salböl und Tau
Herzlich Willkommen zu Lebensliturgien, Staffel 7, „Unterwegs“. In dieser Staffel lassen wir uns von 15 Spezial-Psalmen, den sog. „Wallfahrtsliedern“, inspirieren, anfeuern und begleiten auf unserem Weg der Nachfolge. Denn wir sind und bleiben unterwegs. Unser Glaube ist nie fertig – genauso wenig wie unser Leben. Nur im Gehen, auf dem Weg, formen sich unser Glaube und unser Leben. Die fünfzehn Wallfahrtslieder leiten uns dazu an, unseren Weg mit Ausdauer zu laufen: treu, zuverlässig, mit langem Atem, das Ziel fest im Blick. Denn auf dem Weg hin zu mehr Reife, Echtheit und Tiefe im Glauben gibt es keine Abkürzung. Und jetzt: gute Reise.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt
und lasse es ruhig werden in mir.
Ich sammle meine Gedanken und atme langsam und bewusst.
Du Gott der Wege: du bist hier. Jetzt. Mit mir.
Du wirst mich mit deinen Augen leiten.
Wir hören auf Worte aus dem Hebräerbrief, Kapitel 12 und 13:
Wir sind umgeben von einer ganzen Wolke von heiligen Zeugen, die uns anfeuern. Deshalb legt alles ab, was Euch beschwert! Jede Sünde, die Euch gefangen nimmt! Lauft ausdauernd und geduldig dem guten Ziel entgegen! Richtet Euren Blick dabei auf Jesus: er hat diesen Weg begonnen und vollendet – durch Anfeindungen, Schwierigkeiten und Leid hindurch. Wenn Ihr müde werdet und strauchelt: schaut auf ihn! Das wird Euch neue Kraft geben.
Stärkt eure müden Hände und die zitternden Knie. Lenkt eure Schritte entschlossen in die richtige Richtung. Geht auf geraden Wegen, damit niemand stolpert und fällt. Hütet euch vor dem Esau-Syndrom: gebt Gottes lebenslange Gabe und seinen Segen nicht weg, nur um kurzfristig euren Appetit zu stillen. Denn wir haben hier auf der Erde keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Zu ihr sind wir unterwegs.
So möge Euch der Gott des Friedens die Kraft geben, all das Gute zu tun, das nach seinem Willen durch euch geschehen soll. Durch Jesus Christus bewirke er in Eurem Leben das, woran er Freude hat. Gottes Gnade sei mit euch allen!“
aus dem Hebräerbrief, Kapitel 12+13
Es gibt zwei poetische Bilder in Psalm 133, mit denen die Auswirkungen von guter, gelingender Gemeinschaft beschrieben werden: Salböl und Tau.
Seht, wie wunderbar schön es ist, wenn Brüder einträchtig beieinander sind.
Es ist wie kostbares Salböl, ausgegossen über Aarons Haupt, das hinabrann in seinen Bart, an seinem Körper hinunter bis zum Saum seines Gewandes.
Es tut wohl wie der Tau vom Berg Hermon, der Zion erfrischt, der sich senkt auf die Hügel der Stadt.
Wo dies geschieht, hat der HERR seinen Segen versprochen – Leben, das immer besteht!
Psalm 133
Öl ist in der Bibel oft ein Zeichen der Gegenwart Gottes, ein Symbol für seinen Geist. Hier in Psalm 133 geht es ganz spezifisch um Salböl – also um Öl, mit dem bestimmte Menschen im Alten Israel zum Priester geweiht wurden. Die zentrale Rolle von Priestern bestand im Mittlerdienst zwischen Gott und den Menschen. Gott kam den Menschen seines Volkes durch Priester nahe und Priester brachten Menschen – durch stellvertretendes Sühnehandeln – in Gottes Nähe. Auch Segnen und Fürbitte war eine wichtige Aufgabe von Priestern.
Leben in christlicher Gemeinschaft bedeutet anzuerkennen, das der oder die Andere, dass meine Schwester oder mein Bruder mir Priester ist. Gott kommt uns durch diejenigen, die mit uns glauben, auf besondere Weise nahe. Durch sie beschenkt er uns, durch sie formt er uns, durch spricht er in unser Leben hinein – mal ermutigend und mal hinterfragend. Wir brauchen ihre Fürbitte, mit der sie uns in Gottes Nähe tragen. Wir brauchen die Gemeinschaft mit anderen Christen.
Das zweite Bild für die Auswirkungen von gelungener Gemeinschaft, das Psalm 133 verwendet, ist Tau. Hier sogar der Tau vom Berg Hermon. Der Berg Hermon ist mit knapp 3000 Metern der höchste Berg im Nahen Osten: in diesen Höhen ist der Tau, der sich über die Nacht auf die Erde senkt, reich und schwer. Er durchnässt den Boden vollständig. Dieser satte, lebensspendende Tau erfrischt die sonst vorrangig karge, staubig-felsige Gegend und schenkt Fruchtbarkeit und Wachstum.
Diese Wirkung stellt sich in christlicher Gemeinschaft dann ein, wenn wir immer wieder aufs Neue erwarten, dass Gott uns durch unsere Glaubensgeschwister begegnet – durch jeden und jede Einzelne. Dass Gott durch sie an uns handeln und mit uns reden will. Zu dieser inneren Haltung der wachen Erwartung gehört, dass wir uns weigern, bestimmte Menschen, die mit uns glauben, innerlich abzuqualifizieren oder in Schubladen zu stecken. „Die glaubt ja eh nicht richtig …“, oder „Das ist ja wieder typisch …“ oder „Der wird sicher eh wieder nur …“: wenn wir einzelne Geschwister auf diese Weise abqualifizieren, werden wir Gottes Reden und Handeln an uns durch sie nicht wahrnehmen. Wir haben über unsere Mitgeschwister nicht zu urteilen, sondern wach durch sie Gottes Reden und Handeln an uns zu erwarten.
Seht, wie wunderbar schön es ist, wenn Brüder einträchtig beieinander sind.
Es ist wie kostbares Salböl, ausgegossen über Aarons Haupt, das hinabrann in seinen Bart, an seinem Körper hinunter bis zum Saum seines Gewandes.
Es tut wohl wie der Tau vom Berg Hermon, der Zion erfrischt, der sich senkt auf die Hügel der Stadt.
Wo dies geschieht, hat der HERR seinen Segen versprochen – Leben, das immer besteht!
In der Stille lasse ich mir von Gott eine Mitchristin zeigen, von der ich nichts mehr erwarte. Einen Mitchristen, den ich in eine Schublade gesteckt habe. Ich frage Gott: was willst du mir durch ihn oder sie zeigen? Was willst du mir sagen?
Verleih mir, gütiger und heiliger Vater, in deiner Huld:
einen Verstand, der dich versteht,
einen Sinn, der dich wahrnimmt,
einen Eifer, der dich sucht,
ein Herz, das dich liebt,
ein Tun, das dich verherrlicht,
eine Geduld, die auf dich harrt;
gib mir deine heilige Gegenwart, einen guten Tod
und eine glückliche Auferstehung im ewigen Leben.
Benedikt von Nursia
Amen.