Zum Abschluss der Staffel erscheinen die biografischen Teile der letzten vierzig Folgen zu Teresa von Avila noch einmal hübsch verpackt in Viertelstunden-Häppchen – zum Erinnern, Vertiefen, Nochmal-Freuen und Weiterdenken.
Herzlich Willkommen zu „Lebensliturgien für den Alltag“ – Staffel 4: Teresa erzählt. Zum Abschluss der Staffel erscheinen hier die biografischen Teile der letzten vierzig Folgen zu Teresa von Avila noch einmal hübsch verpackt in Viertelstunden-Häppchen – zum Erinnern, Vertiefen, Nochmal-Freuen und Weiterdenken. Und jetzt: viel Freude damit!
Noch am Mittag des Tages, an dem Teresa und ihre vier Mitschwestern das neue Kloster bezogen haben, wird Teresa in ihr Mutterkloster vor die Oberin und den zuständigen Aufseher gerufen. Natürlich prasseln dort allerhand Vorwürfe und Verdächtigungen auf Teresa ein, doch kassiert sie lediglich einen scharfen Verweis seitens des Aufsehers. Nach einem Vieraugen-Gespräch mit diesem, wo Teresa ihm die Gründe für ihr Handeln erklärt, stellt dieser ihr sogar in Aussicht, ganz offiziell wieder in ihr neues Kloster zurückkehren zu können, sobald sich die Aufregung in der Stadt gelegt habe. Die Aufregung in der Stadt ist jedoch gewaltig.
„In der ganzen Stadt herrschte ein großer Wirbel. Zwei oder drei Tage danach versammelten sich einige Stadträte und der Stadtrichter und einige aus dem Domkapitel und sagten alle zusammen, dass man da auf keinen Fall zustimmen dürfe, da dem Gemeinwohl eindeutig Schaden zugefügt würde. Sie ließen alle Ordensgemeinschaften zusammenkommen, um ihre Meinung zu sagen. Einige schwiegen, andere verurteilten; sie kamen aber schließlich zum Schluss, dass das neue Kloster alsbald aufzulösen war. Der Aufruhr im Volk: so groß, dass man über nichts anderes mehr sprach.“
Dass die Stadtgesellschaft Avilas und viele ihrer kirchlichen Würdenträger einen solchen Anstoß an Teresas kleiner reformierter Neugründung nehmen, hat zum einen damit zu tun, dass Teresa ein komplett unabhängiges Kloster mit strenger Klausur (also ohne Besuchsmöglichkeiten) vor Augen hat. Weder kann man als Stadt in ein solches Kloster von außen hineinschauen, noch mit den üblichen Mitteln Einfluss darauf nehmen, noch von diesem Kloster profitieren. Zum anderen stößt Teresas Entscheidung auf Empörung, dass das neue Kloster ein Kloster ohne eigenes festes Einkommen sein soll. Viele Bürger Avilas befürchten, dass am Ende die Stadtgemeinschaft für mögliche Kosten aufkommen muss. Teresa ist da innerlich allerdings vollkommen klar:
„Bevor ich erkannte, dass unsere ursprüngliche Karmel-Regel – bevor sie gemildert wurde – geboten hatte, kein Privateigentum zu besitzen, war ich nicht dafür gewesen, das Kloster ohne festes Einkommen zu gründen, denn meine Absicht war, dass wir keine Sorge um das Lebensnotwendige haben sollten; dabei achtete ich nicht darauf, wie viele Sorgen es mit sich bringt, Eigentum zu besitzen. Da ich nun aber wusste, wie die Regel war, und auch sah, dass es vollkommener war, konnte ich mich nicht dazu bringen, ein festes Einkommen zu haben. Auch konnte ich es nicht ertragen, reich zu sein, sobald ich mich dem inneren Beten zuwandte und Christus so arm und nackt am Kreuz hängen sah. Als ich eines Tages dieses Anliegen Gott sehr anempfahl, versicherte mir der Herr, dass es jemandem, der ihm diente, nicht am Lebensnotwendigen mangeln würde. Diesen Mangel hatte ich für mich auch nie befürchtet: ich glaubte, alle Schätze der Welt zu besitzen, da ich mich ja entschlossen hatte, aus Liebe zu Gott zu leben.“
Die Stadtoberen beschließen, einen Vertreter an den Königshof in Madrid zu schicken, um dort den Fall dem königlichen Rat vorzulegen. Dort setzt ein diplomatisches Ringen zwischen Teresa-Befürwortern und Teresa-Gegnern ein. Erst nach monatelangem Kampf und Streit geben die führenden Männer Avilas ihren Widerstand auf. Und Teresa bekommt endlich die Erlaubnis, in ihr neues Kloster zurückzukehren.
Für Teresa beginnt nun eine glückliche Zeit. Endlich kann sie das Leben leben, wovon sie immer geträumt hat. Ein Leben in Stille, das ganz auf das Wesentliche konzentriert ist. Ein Leben in strenger Klausur, also ohne Besuche von außen. Und ein Leben in Armut und Einfachheit: jede Schwester wohnt in einer eigenen kleinen, notdürftig eingerichteten Zelle mit Strohsack, Waschschüssel, Wasserkrug und einem schmalen Brett für Bücher. Gemeinsam leben die Schwestern ein Leben, in dem gemeinsame Gebetszeiten, Arbeit, Gemeinschaft und Zeiten des Rückzugs und des inneren Gebets sich abwechseln.
„Es sieht so aus, als hätte Seine Majestät die Seelen ausgewählt, die er hierhergebracht hat und in deren Gesellschaft ich lebe. Denn ich hätte sie mir nicht besser erträumen können für dieses Vorhaben in derartiger Beengung, Armut und innerem Gebet. Und sie leben es mit so viel Freude und Beglückung.“
Armut bedeutet für Teresa Freiheit von Abhängigkeiten und Sorgen: eine Freiheit, die im Vertrauen auf Gottes Versorgung gründet – und im Erleben, dass Gott tatsächlich immer wieder versorgt und beschenkt.
„Nachdem wir angefangen hatten, das Offizium zu beten, begann das Volk große Verehrung für dieses Haus zu empfinden. Es wurden mehr Schwestern aufgenommen, und allmählich bewegte der Herr diejenigen, die uns am meisten angegriffen hatten, dazu, uns sehr zu unterstützen und uns Almosen zu geben. So billigten sie nun, was sie zuvor so sehr missbilligt hatten, und sagten, sie hätten nun begriffen, dass es Gottes Werk sei, weil Seine Majestät es trotz so starken Widerstands hatte voranbringen wollen. So achten sie nun sehr darauf, uns mit Almosen zu versorgen und wir kommen durch, ohne dass es uns am Notwendigen fehlt.“
Für Teresa ist ein solches Leben, das radikal von der Welt abgewandt und Gott radikal liebend zugewandt ist, ein glückliches, leichtes Leben.
„O mein Herr, wie klar gibst du zu verstehen, dass nicht mehr nötig ist, als dich nur wirklich zu lieben und wirklich alles für dich zu lassen, damit du alles leicht machst. Herr, ich weiß nicht, wie der Weg, der zu dir führt, schmal sein soll. Eine königliche Straße sehe ich. Eine Straße, auf der einer, der sich wirklich darauf begibt, sicherer geht. Weit weg sind da die Gebirgspässe und Felsen, wo man abstürzt, denn sie sind weit von den Gelegenheiten zur Sünde entfernt. Wer dich, mein höchstes Gut, wirklich liebt, geht sicher auf breiten königlicher. Straße. Kaum ist er ein bisschen gestolpert, reichst du, Herr, ihm die Hand. Ein oder auch viele Stürze genügen nicht, um verloren zu gehen, wenn er zu dir und nicht zu den weltlichen Dinge Liebe fasst. Ich kann nicht verstehen, was man fürchtet, den Weg der Vollkommenheit einzuschlagen.“
Die nächsten Monate und Jahre sind – äußerlich gesehen – die ruhigsten Lebensjahre Teresas. Sie lebt im Kloster San José, betet, schweigt, arbeitet, schreibt und verbringt Zeit mit ihren Mitschwestern. Ihre erste große Autobiografie, die sog. Vida, neigt sich in dieser Zeit dem Ende zu. Kurz vor Ende des Buches fügt sie noch ein Kapitel über Fürbitte ein.
„Als ich eines Tages den Herrn anflehte, jemandem, dem ich mich verpflichtet fühlte, das Augenlicht wiederzugeben, empfand ich großes Mitleid mit ihm, fürchtete aber, dass der Herr wegen meiner Sünden nicht auf mich hören würde. Da erschien er mir und sagte mir, dass ich nicht daran zweifeln sollte, dass er erfüllen würde, worum ich ihn bat; dass er mir verspräche, dass ich ihn um nichts bäte, was er nicht tun würde, denn er wisse schon, dass ich ihn um nichts bitten würde, was nicht zu seiner Ehre wäre, und dass er folglich auch tun würde, worum ich ihn jetzt bat. Ich glaube, es waren noch keine acht Tage vergangen, da gab der Herr diesem Menschen das Augenlicht wieder.“
Teresa beschreibt, wie sie während ihrer Gebetszeiten und während ihres inneren Betens immer wieder um einzelne Menschen ringt: manchmal um Menschen, die schwer erkrankt sind, manchmal um Menschen, die sich von Gott entfernt haben und auf Abwege geraten sind. Und immer wieder erlebt sie, dass Gott ihre Gebete erhört.
„Anfangs machte mir das arge Skrupel, weil ich nicht anders konnte als zu glauben, dass es der Herr aufgrund meines Gebetes tat – abgesehen von der Hauptsache, dass es aufgrund seiner Güte geschah. Mittlerweile aber bedrückt es mich nicht mehr, dies zu glauben, sondern ich preise Seine Majestät und fühle mich beschämt, weil ich sehe, dass ich noch mehr in seiner Schuld stehe. Auch lässt es mich meines Erachtens in der Sehnsucht wachsen, ihm zu dienen, und es wird die Liebe belebt.“
Das Geheimnis der vielen Gebetserhörungen, die sie erlebt, versucht sie so in Worte zu fassen:
„Am meisten erstaunt mich, dass ich den Herrn nicht um Dinge bitten kann, von denen er sieht, dass sie unangebracht sind, auch wenn ich möchte; wo ich doch bei anderen Dingen, die der Herr tun will, erlebe, dass ich oftmals und ganz inständig darum bitten kann.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen diesen beiden Arten des Bittens, so dass ich nicht weiß, wie ich das erklären soll. Denn auch wenn ich im ersten Fall bitte (wiewohl ich in mir nicht dieselbe Begeisterung fühle, wie in anderen Fällen, selbst wenn es mich sehr angeht), so ist es wie bei jemandem, der sich die Zunge zerbricht, denn obwohl er sprechen möchte, kann er es nicht. Im anderen Fall ist es wie bei einem, der klar und hellwach zu jemandem spricht, von dem er sieht, dass er ihm gern zuhört. Das eine erbittet man, sagen wir jetzt einmal, als mündliches Gebet, das andere in so tiefer Kontemplation, dass einem der Herr in einer Art und Weise gegenwärtig ist, bei der man erkennt, dass er uns versteht und Seine Majestät sich freut, dass wir ihn darum bitten und er uns einen Gefallen tut.“
Während der Jahre des stillen Betens in ihrem kleinen, selbstgegründeten Kloster San José wächst in Teresa die Ahnung, dass da draußen in der Welt möglicherweise noch ein Auftrag auf sie warten könnte. Jesus selbst bestärkt diese Ahnung durch ein großes Versprechen:
„Eines Nachts, als ich beim inneren Beten war, erwies mir unser Herr viel Liebe, wie um mich trösten zu wollen, und sprach: ‚Warte ein Weilchen, Tochter, und du wirst große Dinge erleben.‘“
Fünf Jahre nach der Gründung ihres Klosters ist es dann soweit. Gott ruft sie durch äußere Umstände aus ihrer aktuellen Situation heraus und beauftragt sie mit weiteren Klostergründungen. Der normalerweise in Rom residierende Ordensgeneral der Karmeliten beschließt eine Visitationsreise durch Spanien. Teresa beschreibt seinen Besuch so:
„Immer residieren unsere Generaloberen in Rom, und noch nie war einer nach Spanien gekommen, und so erschien es als ein Ding der Unmöglichkeit, dass er jetzt käme. Da es aber für das, was unser Herr will, nichts Unmögliches gibt, ordnete es Seine Majestät so an, dass es das, was es noch nie gab, nun doch gäbe.“
Teresa macht sich anfangs Sorgen, ob sie für ihre eigenmächtige Klostergründung Jahre zuvor wohl eine Rüge bekäme. Der Ordensgeneral jedoch ist begeistert von dem, was er von Teresa hört und im Kloster sieht und gibt Teresa den Auftrag, weitere solcher Klöster zu gründen.
„Er freute sich, unsere Lebensweise und ein Abbild des Anfangs unseres Ordens zu sehen, und wie die ursprüngliche Regel in voller Strenge beobachtet wurde, denn im ganzen Orden wurde sie in keinem einzigen Kloster gehalten, sondern nur die gemilderte. Und da er die Absicht hatte, dass dieser Neuanfang sehr verbreitet würde, gab er mir weitreichende Vollmachten, um noch mehr Klöster zu gründen.“
In der Stille lasse ich auch diesen Teil des Lebens von Teresa noch einmal auf mich wirken. Woran bleibe ich hängen?
Nichts soll dich verwirren,
nichts dich erschrecken.
Alles vergeht, Gott aber ändert sich nicht.
Gott alleine genügt.
Wer ihn hat, dem wird nichts fehlen.