Zum Abschluss der Staffel erscheinen die biografischen Teile der letzten vierzig Folgen zu Teresa von Avila noch einmal hübsch verpackt in Viertelstunden-Häppchen – zum Erinnern, Vertiefen, Nochmal-Freuen und Weiterdenken.
Herzlich Willkommen zu „Lebensliturgien für den Alltag“ – Staffel 4: Teresa erzählt. Zum Abschluss der Staffel erscheinen hier die biografischen Teile der letzten vierzig Folgen zu Teresa von Avila noch einmal hübsch verpackt in Viertelstunden-Häppchen – zum Erinnern, Vertiefen, Nochmal-Freuen und Weiterdenken. Und jetzt: viel Freude damit!
Auch nach dem ermutigenden Zuspruch durch einen Jesuitenpater halten sich in Teresa – und vor allem in Teresas Umfeld – die Zweifel daran, ob Teresas übernatürliche Gebetserfahrungen wirklich von Gott kommen oder nicht. Teresa gerät an einen neuen Beichtvater, jung, streng, unsicher und ungeduldig, der Teresa haufenweise Bußübungen auferlegt. Immer wieder berät er sich mit einer Gruppe anderer Geistlicher und kommt schließlich zu folgendem Ergebnis:
„Mein Beichtvater sagte mir, dass sie alle zur Überzeugung gelangt seien, dass es vom Bösen stamme. Dies verängstigte mich sehr. Sie führten ja alle ein unvergleichlich besseres Leben als ich: warum hätte ich ihnen da nicht glauben sollen? Mir gereichte nichts zum Trost. So ging ich in eine Kapelle. Als ich dort nun allein war, ohne einen Menschen, bei dem ich mein Herz hätte ausschütten können, vermochte ich weder Gebete zu sprechen noch zu lesen, sondern war wie jemand, der vor lauter Qual und Angst völlig verworren und zermürbt war.“
In dieser Situation, gefangen in ihrer Angst, ist Teresa völlig auf Gott angewiesen. Da hört sie von Gott her ganz klar und deutlich diese Worte in ihrem Herzen. „Hab keine Angst, Tochter, ich bin es und ich werde dich nicht im Stich lassen; fürchte dich nicht!“
„Siehe da, allein durch diese Worte war ich beruhigt, voller Kraft und Mut, Gewissheit, und so voll Ruhe und Licht, dass ich meine Seele in einem Nu ganz verändert erlebte. Ich glaube, dass ich jetzt mit der ganzen Welt gestritten hätte, dass es von Gott kam. Wie gut ist doch Gott! Wie gut ist er und wie mächtig! Ich nahm ein Kreuz in die Hand, und es war mir, als flößte mir Gott wirklich Mut ein, denn ich erlebte mich in kurzer Zeit verändert, so dass ich mich nicht mehr gefürchtet hätte, mit ihnen in ein Handgemenge zu geraten. Ich sagte: „Kommt jetzt nur alle her! Da ich eine Dienerin des Herrn bin, möchte ich mal sehen, was ihr mir anhaben könnt!“
Teresa erlebt also, wie Gott stärker ist als ihre Ängste, wie Gott durch einige tiefe, ermutigende Herzensworte ihr die Angst nimmt vor Teufel, Sünde, Hölle und einflussreichen Kirchenmännern, wie Gott sie von ihren tiefsten Ängsten erlöst. Sie wird durch dieses Erlebnis zu der Frau, die von einem ihrer späteren Ratgeber so beschrieben wird: „Gott hat ihr einen so wackeren Mut gegeben, dass es einen erstaunt.“
„Es besteht kein Zweifel, dass nun viele Männer, wie mir schien, Angst vor mir hatten, weil ich ruhig und ihnen allen gegenüber so furchtlos blieb. Alle meine Ängste, die ich bis dahin hatte, sind bis auf den heutigen Tag verschwunden – auch wenn ich sie gelegentlich immerhin noch zu sehen bekam.“
Etwa sechs Jahre nach Teresas geistlichem Durchbruch, im Oktober 1560, sitzt Teresa mit einigen Mitschwestern und Freundinnen in ihrer Wohnzelle zusammen. Ihr Gespräch kommt auf jene radikalen Männer und Frauen, die sich im vierten Jahrhundert in die Wüste zurückzogen, um dort ein ganz und gar asketisches, kontemplatives Leben zu führen. Schon lange teilen Teresa und ihre Gefährtinnen diese Sehnsucht nach einem ganz und gar einfachen, heiligen Leben ohne jede Kompromisse. Eine Mitschwester schreibt über dieses Treffen:
„Da sagten einige, wenn sie schon nicht in die Wüste gehen könnten, könnte es doch ein Klösterchen mit nur wenigen Schwestern geben. Da sagte Teresa, sie würden ja davon sprechen, eine Reform durchzuführen und wieder die ursprüngliche Regel zu beachten. Dann sagte sie, sie wolle Gott bitten, sie zu erleuchten, wie es am besten geschähe.“
Im Anschluss kommt das Gespräch auf weitere Vorbilder, diesmal historisch gesehen gar nicht so weit von ihnen entfernt. Im Orden der Franziskaner gab es seit einigen Jahrzehnten eine kraftvolle Reformbewegung, die zu den ursprünglichen Regeln des heiligen Franz von Assisi zurückwollte.
Denn selbst in den Klöstern hatten sich in den letzten Jahrhunderten mehr und mehr Kompromisse eingeschlichen. Kirche und Köster waren eine Möglichkeit geworden, der Armut zu entkommen und Karriere zu machen. Viele sogenannte „Geistliche“ waren deshalb alles andere als geistlich. Dazu kam, dass weltliche Macht und Kirche eng miteinander verflochten waren. All das hatte dazu geführt, dass der Kirche und den Klöstern vielfach Leuchtkraft, Hingabe und Wahrhaftigkeit abhandengekommen waren.
Innerhalb des Franziskanerordens hatten sich einige Klöster deshalb wieder ganz und gar freigemacht von der Welt und waren zurückgekehrt zu ihren radikalen Anfängen rund um ihren Gründer Franz von Assisi. Zum äußeren Zeichen ihrer neu gewonnen Armut und Kompromisslosigkeit, verzichteten sie sogar auf die einfachen Sandalen und gingen barfuß. „Unbeschuht“ zu sein war seitdem zum Schlagwort und zum Sehnsuchtsbegriff geworden für alle, die sich nach einem Zurück zu echter Hingabe sehnten.
Und Gott gibt Teresa grünes Licht für die Pläne einer eigenen Klostergründung:
„Eines Tages nach der Kommunion trug mir Seine Majestät eindringlich auf, mich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass das Kloster errichtet und ihm darin sehr gedient würde, und dass es nach dem heiligen Josef benannt werden solle, und dass an der einen Pforte er, der heilige Josef, über uns wachen würde und Unsere Liebe Frau, die heilige Maria, an der anderen, und dass Christus unter uns weilen würde, und dass das Kloster ein Stern wäre, der großen Glanz ausstrahlte.“
Nach außen wirkt Teresa auf viele Menschen unglaublich stark und entschlossen. Sie selbst erlebt sich ganz anders. Auch in diesem Falle. Jetzt, wo es auf einmal wirklich darum geht, ins Risiko aufzubrechen und als Pionierin ein „unbeschuhtes“ Reformkloster zu gründen, bricht in Teresa ein Sturm von Bedenken und Zweifeln los.
„Ich fühlte tiefste Betrübnis, weil mir einerseits die großen Unruhen und Nöte vor Augen kamen, die es mich kosten würde, und auch weil ich mich in jenem bisherigen Haus mittlerweile äußerst glücklich fühlte. Hier fühlte ich mich nun unter Druck gesetzt, und da ich sah, dass nun etwas beginnen würde, was viel Unruhe mit sich brächte, war ich voller Zweifel, was ich tun sollte.“
Allein das innere Beten, das regelmäßige und tiefe Gespräch mit ihrem göttlichen Freund, führt dazu, dass Teresa ihre inneren Zweifel überwindet.
„Aber der Herr sprach zu mir immer wieder davon und führte so viele Gründe und Gegengründe ins Feld, dass ich schon einsah, dass sie eindeutig waren und es sein Wille war.“
Aber nicht nur in Teresa, sondern auch um Teresa herum bricht ein gewaltiger Sturm los, als ihre Pläne bekannt werden. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht von ihrem Vorhaben im Kloster und in ganz Avila. Einige lachen, manche halten sie für verrückt, viele Mitschwestern werfen ihr Selbstverliebtheit und Treulosigkeit vor. Der für die Karmelitinnen-Klöster in Kastilien zuständige Pater sagt Teresa anfangs zwar Unterstützung zu, dann aber, als der Aufruhr im Kloster und im Ort immer größer wird, zieht er seine schützende Hand zurück. Auch Teresas geistlicher Berater lässt sich von dem Hass, der Teresa und ihren Plänen entgegenschlägt, beeindrucken. Er interpretiert den vielfachen Widerstand als Beweis dafür, dass es sich bei den Plänen um Träumereien handelt und Teresa sich damit lediglich in den Vordergrund spielen möchte.
„Es hatte noch nicht richtig begonnen, im Ort bekannt zu werden, als die große Verfolgung über uns hereinbrach, die sich nicht nur eben kurz beschreiben lässt: Geschwätz, Gelächter und Gerede, dass es Unsinn sei. Ich wusste nicht, was tun. Zum Teil schienen sie mir recht zu haben.“
Auch hier ist es wieder einzig und allein das innere Beten, die Begegnung mit Gott selbst, das Teresa und ihren Gefährtinnen den Mut und den Willen verleiht, weiterzumachen.
„Als ich mich derart niedergeschlagen Gott empfahl, begann Seine Majestät mich zu trösten und aufzumuntern. Er sagte mir, dass ich nun sähe, was die Heiligen, die die Orden gegründet haben, durchgemacht hätten, und dass ich noch viel mehr Angriffe durchmachen müsste als ich mir ausmalen könnte, dass wir uns aber nichts daraus machen sollten. Was mich am meisten erstaunte, war, dass wir bald über das Vergangene hinweggetröstet waren und den Mut hatten, allen zu widerstehen.“
Vom Entschluss, ein eigenes Reformkloster zu gründen, bis zu seinem Vollzug und dessen Anerkennung von den zuständigen Autoritäten vergehen volle zwei Jahre. Dann aber ist alles bereit: ein kleines Haus, das Teresa im Geheimen hatte umbauen lassen, um keinen Wirbel zu verursachen. Die päpstliche Erlaubnis aus Rom. Und der Segen des Ortsbischofs von Avila, der zudem bereits ist, die rechtliche Verantwortung für das neue Kloster zu übernehmen.
All das wissen aber bisher nur ganz wenige Personen. Alle anderen – sowohl im Kloster als auch im Rest von Avila – sind sich sicher, dass all der Trubel und all die Widerstände von vor zwei Jahren Teresa dazu gebracht haben, ihre Pläne fallen zu lassen.
Und so ahnt kaum einer etwas, als die nunmehr 47-jährige Teresa in den frühen Morgenstunden des 24. August 1562 heimlich ihr bisheriges Kloster mit vier Mitschwestern verlässt und sich zu ihrer neuen Unterkunft begibt. Dort ziehen die fünf Schwestern ein Ordenskleid aus grobem Wollstoff an und sehr einfache Sandalen. Eine kleine, billig erstandene Glocke wird geläutet, und während der nun folgenden Messe setzt ein befreundeter Priester eine geweihte Hostie in das Tabernakel. Mit diesem Akt wird aus dem ärmlichen kleinen Wohnhaus das ärmliche kleine Kloster San Jose. Aus Teresa und ihren Mitschwestern sind „unbeschuhte Karmelitinnen“ geworden.
Teresa schreibt:
„Nun war mir, als wäre ich im Himmel, als ich sah, dass ein Werk vollbracht war, von dem ich erkannt hatte, dass es zum Dienst des Herrn gereichen würde, was ja mein Verlangen war.“
Doch direkt nach dieser kleinen, versteckten Zeremonie und dem damit verbundenen Hochgefühl erlebt Teresa eine der gewaltigsten Anfechtungen ihres Lebens:
„Nur drei oder vier Stunden später lieferte mir der Böse einen geistlichen Kampf, wie ich nun berichten will. Er hielt mir vor, ob ich mit dem, was ich getan hatte, nicht falsch gehandelt hätte. Ob diejenigen, die nun dort waren, in dieser großen Enge wohl glücklich sein würden. Ob es ihnen an Essen mangeln würde. Alles, was mir der Herr aufgetragen hatte, war aus meinem Gedächtnis so ausgelöscht, als wäre es nie da gewesen. Auch machte mir der Böse vor, wie ich mich denn in ein so enges Haus einschließen wolle, noch dazu mit so vielen Krankheiten und so strengen Regeln. Und dass ich ein so großes, angenehmes Haus verlassen hatte, wo ich mich glücklich gefühlt hatte und viele Freundinnen hatte. Gedanken von solcher Machart machte er mir mit geballter Macht vor, so dass es nicht in meiner Macht lag, an etwas anderes zu denken. Und dazu eine Niedergeschlagenheit und Dunkelheit und Verfinsterung in der Seele, die ich nicht beschreiben kann.“
In der Stille lasse ich diesen Abschnitt aus Teresas Leben noch einmal auf mich wirken. Woran bleibe ich am meisten hängen?
Nichts soll dich verwirren,
nichts dich erschrecken.
Alles vergeht, Gott aber ändert sich nicht.
Gott alleine genügt.
Wer ihn hat, dem wird nichts fehlen.