Zum Abschluss der Staffel erscheinen die biografischen Teile der letzten vierzig Folgen zu Teresa von Avila noch einmal hübsch verpackt in Viertelstunden-Häppchen – zum Erinnern, Vertiefen, Nochmal-Freuen und Weiterdenken.
Herzlich Willkommen zu „Lebensliturgien für den Alltag“ – Staffel 4: Teresa erzählt. Zum Abschluss der Staffel erscheinen hier die biografischen Teile der letzten vierzig Folgen zu Teresa von Avila noch einmal hübsch verpackt in Viertelstunden-Häppchen – zum Erinnern, Vertiefen, Nochmal-Freuen und Weiterdenken. Und jetzt: viel Freude damit!
Nach einer Zeit der Stille zu Beginn und einigen Momenten, in denen wir innerlich in die schöne, befreiende Haltung der Demut finden, geht es nun um das Zentrum: um Gott selbst, um Christus als unseren Herrn. Das innere Beten lebt davon, dass wir Ihn in den Blick nehmen, Ihn suchen, unsere Gedanken auf Ihn richten:
„Gewissenserforschung und Sündenbekenntnis und Kreuzzeichen, dass dies das erste sein muss, weiß man ja schon. Bemüht Euch sogleich, Töchter, in Gesellschaft zu sein: stellt Euch den Herrn bei Euch vor. Bedenkt, wer er ist: tausend Leben würden nicht ausreichen, dass wir begreifen, welche Ehrbezeugungen dieser Herr verdient. Über alle gebietet er, alles vermag er, sein Wollen ist schon Vollbringen. Auf ihn allein muss meine Aufmerksamkeit gerichtet sein.
In diesem ersten Stadium des inneren Betens arbeitet unser Verstand. Und so wie es im Himmel viele Wohnungen gibt, gibt es auch viele Wege, mit dem Verstand zu meditieren. Manche ziehen Nutzen aus Überlegungen über die Hölle, andere über den Himmel, wieder andere über das Sterben. Manche ermüdet es sehr, falls sie weichherzig sind, immer an die Leidensgeschichte Jesu zu denken, doch erfahren sie Wonne und Nutzen, wenn sie Gottes Macht und Größe in seinen Geschöpfen betrachten oder seine Liebe zu uns, die in allen Dingen aufleuchtet.“
Es geht also darum, sich einen Wesenszug Jesu oder eine bestimmte wunderbare Tat Gottes innerlich vor Augen zu holen und Gott genau darin zu begegnen, über ihn zu staunen, ihn innerlich anzubeten oder sich von ihm trösten zu lassen. Die Wahl, welchen Wesenszug oder welche Tat Jesu wir uns vor Augen holen, darf dabei durchaus von inneren Bedürfnissen und Emotionen geleitet sein:
„Wenn ihr froh seid, dann schaut auf ihn als Auferstandenen, denn allein schon die Vorstellung, wie er aus dem Grab kam, wird euch froh machen. Und mit welcher Klarheit, Schönheit und Herrschaftlichkeit, wie siegreich und froh! Wenn ihr in Nöten oder traurig seid, betrachtet ihn auf seinem Weg ans Kreuz, schmerzerfüllt, von den einen verfolgt, von den anderen angespieen, ohne Freunde und ohne, dass irgendjemand für ihn einträte, großer Einsamkeit ausgesetzt. Er wird euch mit seinen schönen, mitfühlenden, tränenerfüllten Augen anschauen und seine eigenen Schmerzen vergessen, um euch über eure hinwegzutrösten.“
Ein solch bewusstes, meditierendes Beten braucht innere Konzentration und Kraft. Aus diesem Grund schreibt Teresa:
„Doch sollte man sich nicht immer damit ermüden, über Christus nachzudenken, sondern auch einfach bei ihm verweilen und mit dem Verstand schweigen.“
Jetzt hatten wir ja schon ein-zwei Folgen darüber, dass wir auf eindrucksvolle Weise immer aufs Neue daran scheitern, mit unserem Herzen und unseren Gedanken eine Zeit lang einfach nur bei Gott und im Gebet zu sein. Ständig laufen uns unsere Gedanken davon und irrlichtern mal in diese und mal in jene Richtung. Das nervt und frustriert auf Dauer. Auch Teresa.
„Jahrelang habe ich die Not durchgemacht, mit meinen Gedanken nicht in Ruhe bei etwas bleiben zu können! Ihr müsst Euch allerdings bewusstmachen, dass es viele Jahre sind, seit eure Seele ihrem Bräutigam entlaufen ist, und dass man sehr gekonnt verhandeln muss, bis sie wieder zur Heimkehr bereit ist. Wir haben unsere Seele und unser Denken so daran gewöhnt, ihrem Vergnügen – oder besser gesagt, ihrem Kummer – in der Welt nachzulaufen, dass die arme Seele sich nicht mehr auskennt.“
Wir werden unser gedankliches Abschweifen also nicht verhindern oder es uns zumindest nur sehr langsam abgewöhnen können. Bis dahin müssen wir möglichst klug und hilfreich damit umgehen. Hier ein paar Tipps:
Einen kleinen Notizblock bereitlegen. Wenn mir Gedanken kommen, was ich dringend noch erledigen muss und ich Angst habe, dass ich dies vergesse, notiere ich sie mir stichpunktartig
Sobald ich merke, dass meine Gedanken mit mir irgendwohin losfahren, steige ich ohne Ärger aus dem Gedanken-Zug aus und kehre freundlich, aber entschieden wieder ins Gebet und in Gottes Gegenwart zurück.
Wenn sich ein Erlebnis, eine Person oder ein Problem immer wieder aufs Neue in den Vordergrund schiebt und mich ablenkt, gewähre ich dem Gedanken eine kleine Audienz und verwandle ihn in Gebet. Danach verabschiede ich ihn wieder.
Wenn meine Gedanken zu laut und zu unkontrollierbar werden, konzentriere ich mich auf meinen Atem, atme mehrmals bewusst ein und aus und begebe mich so aus meinen Gedanken in meinen Körper hinein.
Teresa macht uns auf jeden Fall Mut auf diesem Weg:
„Jahrelang habe ich die Not durchgemacht, mit meinen Gedanken nicht in Ruhe bei etwas bleiben zu können, und diese Not ist groß! Aber ich weiß auch, dass der Herr uns nicht so sehr im Stich lässt, dass er uns nicht begleiten würde. Und wenn wir es in einem Jahr nicht fertigbringen sollten, dann in mehreren. Ich meine, es sich zur Gewohnheit zu machen, an der Seite des Meisters zu gehen – das schafft man.“
Je länger wir das innere Gebet üben, umso mehr wird sich dieses Gebet für uns vereinfachen und uns immer wieder in ein stilles, kraftspendendes Verweilen in der Gegenwart Gottes führen. Wir werden merken, dass der innere Kraftaufwand und die Konzentration, die für unser Beten nötig sind, mit der Zeit abnehmen.
Darüber hinaus gibt es im Gebet allerdings Erfahrungen, die noch deutlich übernatürlicher sind. Teresa beschreibt dieses beglückende Erleben im Gebet so:
„Alle Seelenvermögen kommen da zur Ruhe. Die Seele erkennt, dass sie ganz nahe bei ihrem Gott ist, und dass sie, mit noch ein bisschen mehr, dazu käme, durch Einung mit ihm eins zu werden. Die Seele beginnt, wenn sie hierherkommt, alsbald die Gier nach weltlichen Dingen zu verlieren, aber das wahrhaftig ist kein großer Verdienst. Sie sieht nämlich deutlich ein, dass man ein solches Wohlgefühl hier auf Erden auch nicht einen Augenblick erleben kann, und dass es weder Reichtümer, noch Ehren, noch Freuden gibt, die ausreichen würden, um auch nur einen Augenaufschlag lang dieses Glücksgefühl zu vermitteln.“
Erfahrungen wie diese sind es, die Teresa innerlich für das stärken und zu dem befähigen, wovon wir in den weiteren Folgen hören werden. Dabei sind diese Erfahrungen für Teresa keineswegs Mittel zum Zweck. Nein: sie sind das Eigentliche! Die Nähe zu Gott und die Liebe zu Gott, die aus diesen Erfahrungen entstehen, sind das Zentrum dessen, wozu wir Menschen von Gott her berufen sind. Aus diesem Grund – und mit allerhand beglückenden Nähe-Gottes-Erfahrungen im Herzen – macht sie ihren Mitschwestern und uns Mut zum Dranbleiben im Gebet:
„Ich meine, dass sehr viel daran gelegen ist, dass Ihr mit entschlossener Entschlossenheit betet. Außerdem ist es sehr notwendig, mit der festen Gewissheit anzufangen, dass Ihr bei dem Unternehmen erfolgreich sein werdet, wenn ihr mutig kämpft. Ihr braucht keine Angst zu haben, dass euch der Herr, der Euch ruft, um an dieser Quelle zu trinken, verdursten lassen wird. Ihr wisst doch, dass sogar in diesem Leben schon hundert zu eins gegeben wird und dass der Herr sagt, wir sollen nur bitten und er werde uns schon geben. Sogar dieses Extraangebot gibt es auf dieser Reise, dass einem sehr viel mehr gegeben wird, als man erbittet. Das ist so, ohne Einschränkung; ich weiß, dass es so ist.“
Die Intimität, die Teresa im Gebet mit Gott erlebt, ist selbst geistlichen Menschen in Teresas Umfeld vollkommen fremd. So kommt es, dass Teresa sich selbst und ihren Erfahrungen nicht richtig über den Weg traut.
„Da in diesen Zeiten bei einigen Frauen schlimme Wahnbilder und Täuschungen aufgetreten waren, die der Böse ihnen vorgegaukelt hatte, begann ich, mich zu fürchten, weil die innere Freude und Zärtlichkeit, die ich empfand, so groß waren. Als ich sah, dass sich meine Angst immer mehr verschlimmerte, weil mein Gebet tiefer wurde, schien mir, dass dahinter entweder ein großes Gut oder etwas ganz Schlimmes steckte. Ich verstand nämlich sehr wohl, dass das, was da in mir war, etwas Übernatürliches war.“
Teresa sucht also nach Menschen, die ihr bei der Einordnung des Erlebten helfen können. Ihre Hoffnung richtet sich zuerst auf einen Pfarrer in Avila, der als sehr gelehrt gilt und von dessen vorbildlichem Leben man sich viel erzählt. Gleich das erste Treffen jedoch verläuft ausgesprochen ernüchternd. Der Pfarrer hat wenig Zeit, hört nicht richtig zu und gibt Teresa den Befehl, gefälligst sündloser zu leben.
Der zweite Beichtvater, an den Teresa auf ihrer Suche gerät, ist ihr innerlich zwar deutlich mehr zugetan, redet mit ihr aber ebenso wie der Pfarrer ständig nur von Sünden und deren Überwindung. Als sie ihm von der Freiheit und der Ruhe erzählt, die sie beim inneren Beten empfindet, wird er unruhig. Solche Glückgefühle kennt er nicht. Sie sind für ihn Belohnungen Gottes, die nur solchen Menschen zuteilwerden, die besonders heilig und weitgehend sündlos leben. Die Vorstellung, dass Gott sich jemandem liebevoll zuwendet, ohne dass derjenige sich diese Gunst verdient hat, löst bei ihm geradezu panische Angst aus, dass hier ein böser Geist am Werk sein muss.
„Als er mir das sagte, war ich vor lauter Angst ganz niedergeschlagen und in Tränen aufgelöst. Denn ich wollte Gott wirklich gefallen und konnte mich nicht zur Überzeugung durchringen, dass der Böse im Spiel wäre. Gleichzeitig fürchtete ich, dass mich der Böse so blind machte, dass es ich es nicht erkannte.“
Als Teresa ein Buch findet, in dem ähnliche Gotteserfahrungen beschrieben werden wie Teresa sie gemacht hat, unterstreicht sie die entsprechenden Stellen und gibt sie beiden Beichtvätern zum Lesen.
„Als dann die Antwort kam, die ich mit großer Angst erwartete, kam er tief betrübt zu mir und sagte mir, dass es nach allem, was sie beide dafürhielten, vom Bösen stamme. Das bereitete mir so viel Angst und Schmerz, dass ich nicht wusste, was ich mit mir anfangen sollte. Nur noch weinen konnte ich.“
Einen Hoffnungsschimmer allerdings lassen die beiden Beichtväter ihr. Sie tragen ihr auf, sich mit einem Jesuiten-Pater zu unterhalten, da Jesuiten in solchen Dingen erfahrener seien als sie. Dieses Gespräch erweist sich als Glücksfall.
„Als ich nun mit diesem Diener Gottes – das war er nämlich wirklich, und sehr klug – meinen ganzen Seelenzustand besprach, erklärte er mir als einer, der mit dieser Sprache sehr vertraut war, alles und machte mir viel Mut Er sagte, dass es deutlich erkennbar von Gottes Geist ist und notwendig sei, wieder zum inneren Beten zurückzukehren. In allem schien mir der Heilige Geist durch ihn zu sprechen und meine Seele zu heilen.“
Durch wen oder was spricht der Heilige Geist aktuell zu mir und stärkt mich?
Nichts soll dich verwirren,
nichts dich erschrecken.
Alles vergeht, Gott aber ändert sich nicht.
Gott alleine genügt.
Wer ihn hat, dem wird nichts fehlen.