Zum Abschluss der Staffel erscheinen die biografischen Teile der letzten vierzig Folgen zu Teresa von Avila noch einmal hübsch verpackt in Viertelstunden-Häppchen – zum Erinnern, Vertiefen, Nochmal-Freuen und Weiterdenken.
Herzlich Willkommen zu „Lebensliturgien für den Alltag“ – Staffel 4: Teresa erzählt. Zum Abschluss der Staffel erscheinen hier die biografischen Teile der letzten vierzig Folgen zu Teresa von Avila noch einmal hübsch verpackt in Viertelstunden-Häppchen – zum Erinnern, Vertiefen, Nochmal-Freuen und Weiterdenken. Und jetzt: viel Freude damit!
An einem Mittwoch im März, im Jahr 1515, wird Teresa geboren. Sie wird hineingeboren in eine väterlicherseits eigentlich jüdische Familie. Ihr Großvater, ein reicher jüdischer Kaufmann, war 30 Jahre zuvor jedoch mit seiner ganzen Familie zum Christentum übergetreten – auf massiven Druck der Inquisition hin. Während Don Alonso, ihr Vater, also noch nicht allzu lange Christ war, stammt Teresas Mutter Beatriz aus einer alten christlichen Familie.
Über ihre Eltern schreibt Teresa nur Gutes:
„Mein Vater las mit Hingabe christliche Bücher, die auch wir Kinder lesen sollten. Zusammen mit der Sorge, die sich meine Mutter machte, um uns zum Beten zu bringen, begannen diese Bücher mich schon im Alter von sechs oder sieben Jahren aufzuwecken. Mein Vater war ein Mensch von großer Liebe zu den Armen und viel Mitgefühl mit den Kranken. Er war sehr wahrhaftig und sehr ehrenwert in jeder Hinsicht. Auch meine Mutter hatte viele Tugenden und machte ihr Leben lang viele Krankheiten durch. Sie war sehr sanft und von beachtlicher Intelligenz. Obwohl von großer Schönheit, gab sie niemals zu erkennen, dass das für sie ein Anlass gewesen wäre, groß etwas aus sich zu machen.“
Als Teresa ihren Lebensrückblick schreibt, ist sie bereits eine reife Frau. Eine Menge Lebens-Herausforderungen und tiefe Begegnungen mit Gott haben sie geprägt und in ihr eine bestimmte heilige innere Haltung und eine heilige Sehnsucht geformt. Im Rückblick vermisst sie diese heilige Haltung und Sehnsucht bei sich als Kind und als Jugendliche. Entsprechend beschreibt sie ihre Kindheit und Jugend fast ausschließlich als eine Zeit voller Irrtümer und Sünde.
Teresa ist der Überzeugung, dass Vorbilder in der Kindheit eine sehr große Rolle spielen. Ihre Eltern waren für sie ein sehr positives Vorbild. Von einem negativen Vorbild schreibt sie mit Blick auf eine ihrer vielen Cousinen. Beide waren für die Zeit ihrer frühen Jugend beste Freundinnen, verbrachten viel Zeit miteinander und tauschten am laufenden Band Geheimnisse aus.
„Wenn ich einen guten Rat zu geben hätte, dann würde ich den Eltern sagen, dass sie bei ihren Kindern in diesem Alter sehr darauf achten sollen, mit wem sie zusammen sind; denn ein großes Übel liegt darin, dass unsere Natur eher auf das Schlechte als auf das Gute aus ist.
So erging es mir. Ich hatte eine viel ältere Schwester, doch von deren Sittsamkeit und Gutheit – die sie in hohem Maße besaß – nahm ich nichts an. Dafür nahm ich alles, was mir schadete, von einer Verwandten an, die oft in unserem Haus verkehrte. Zu ihr fasste ich Zuneigung. Mit ihr beredete und besprach ich alles und sie beteiligte mich an ihren Dummheiten.“
Teresa war zu dieser Zeit etwa vierzehn Jahre alt, was damals bedeutete, dass sie in einem heiratsfähigen Alter war. Und sie muss eine Schönheit gewesen sein. Noch als fünfzigjährige Nonne erinnert sie sich mit einer gewissen Wehmut an die vielen ‚natürlichen Reize‘, die sie als junge Frau gehabt hatte. Dazu kam, dass Teresa von Beginn ihres Lebens an die Gabe hatte, beliebt zu sein. Wo auch immer sie hinkam und wem sie begegnete: fast immer entwickelten Menschen ihr gegenüber große Sympathie und Zuneigung.
Die Zeit, die Teresa und ihre beste Freundin damals mit ‚Dummheiten‘ verbrachte, war allerdings stark begrenzt – und zwar durch den Tod von Teresas Mutter. Ihr nun verwitweter Vater war mit den zwölf Kindern überfordert und suchte nach Wegen in die Zukunft für seine Kinder. Für die Söhne war geplant, dass sie nach Westindien auswandern. Für Teresa – wie auch für alle anderen jungen Frauen im Spanien der damaligen Zeit – gab es im Grunde nur zwei Möglichkeiten: heiraten oder ins Kloster gehen. Don Alonso, Teresas Vater, entschied sich für die Option Kloster und gab Teresa in die Obhut der Augustinerschwestern in Avila – was das Ende der Freundschaft von Teresa mit ihrer Cousine Ines war.
„Da es im Kloster an Gelegenheit fehlte, hörten meine Dummheiten bald auf und meine Seele begann sich erneut an das Gute meiner frühen Kindheit zu gewöhnen und ich sah die große Gnade, die Gott dem erweist, den er in die Gesellschaft von Guten versetzt.“
Im Alter von 16 Jahren gibt Don Alonso seine Tochter Teresa zur weiteren Erziehung in die Obhut der Augustinerschwestern in Avila. Das Klosterleben ist für Teresa ein Schock. Sie, die voller Lebenslust und Lebensdurst steckt, sich gerne schminkt und schön anzieht, darf nun nur noch ein einfaches, farbloses Kleid tragen und muss sich in das strenge geistliche Leben des Klosters einfügen.
Aufgrund von massiven gesundheitlichen Problemen – vermutlich wehrt sich ihre Seele körperlich – kehrt Teresa nach nur 18 Monaten in das Haus ihres Vaters zurück. Aber eine wirkliche Alternative zum Leben im Kloster kann sie nicht erkennen – zumal sie innerlich mit Höllenfurcht ringt und sie sich einredet, dass die Qualen eines Lebens im Kloster immer noch besser sind als die Qualen des Fegefeuers, die ansonsten drohen würde.
Und so tritt sie wenige Jahre später, als einundzwanzigjährige Frau, in ein anderes Kloster, in das Kloster zur Menschwerdung der Karmelitinnen ein. Diesmal nicht nur als Klosterschülerin, sondern so richtig, mit dem Ziel, Nonne zu werden.
Aber wie schon wenige Jahre zuvor fühlt sie sich auch hier unwohl und fehl am Platz. All die Gebete und geistlichen Übungen geben ihr nichts, ihr Herz bleibt kalt. So sehnt sie sich Tag für Tag nach der Rückkehr in das Haus ihres Vaters.
„Ich erinnere mich, dass der Schmerz, den ich empfand, als ich das Haus meines Vaters verließ, wie ich glaube, nicht stärker sein kann, als wenn ich stürbe, denn mir scheint, dass sich mir jeder Knochen von sich aus loslöste. Da nämlich noch keine Gottesliebe da war, die die Liebe zum Vater und zu den Verwandten aufgehoben hätte, bedeutete das Ganze eine große Gewaltanwendung.“
Ein furchtbar schweres und langes Jahr nach ihrem Eintritt ins Kloster geht Teresa den nächsten Schritt: sie beginnt das Noviziat, eine Zeit der Vorbereitung auf das Leben als Nonne. Und wie durch ein Wunder verändert dieser Schritt ihr inneres Erleben.
„Sobald ich mit dem Habit eingekleidet wurde, gab mir der Herr zu verstehen, wie sehr er denen beisteht, die sich Gewalt antun, um ihm zu dienen. Sofort verspürte ich ein großes inneres Glück, in jener Lebensform zu stehen, das mich bis heute nie mehr verlassen hat, und Gott wandelte die Trockenheit meiner Seele in tiefste Beseeligung.“
Nicht, dass nun auf einmal alles gut ist. Teresa braucht schon noch einige weitere Wunder. Im Rückblick schreibt sie mit Blick auf diese Zeit:
„Meines Erachtens hatte ich damals noch keine Gottesliebe, wie ich sie später zu haben glaubte, sondern nur ein inneres Licht, in dem mir alles, was vergänglich war, wenig erstrebenswert erschien.“
Teresa wird hier also nicht über Nacht von einer Unwilligen zur Heiligen. Aber sie erlebt, wie Gott nach einer langen, harten, schweren Zeit endlich eingreift und sich zu ihrer Entscheidung für ein Leben im Kloster stellt.
Ähnlich wie die Gesundheit ihrer Mutter war auch Teresas Gesundheit von Beginn ihres Lebens an sehr fragil. Kurz nach Beginn ihres Noviziats aber nehmen die gesundheitlichen Probleme immer mehr zu. Als auch die Ärzte in Avila vor einem Rätsel stehen, bringt ihr Vater sie zu einer entfernten Heilerin.
„Ich verbrachte drei Monate an diesem Ort unter schrecklichsten Qualen, weil die Kur strenger war, als es meine körperliche Verfassung verlangte. Nach zwei Monaten war ich kraft der Medikamente mit dem Leben fast am Ende und die Schärfe meines Herzleidens hatte sich sogar noch verschlimmert, so dass es mir manchmal vorkam, als würde man mir das Herz mit scharfen Zähnen ausreißen.“
Als Don Alonso, Teresas Vater, dies erkennt, bringt er seine Tochter wieder zurück nach Avila in die Obhut der dortigen Ärzte. Diese aber können nichts mehr für sie tun.
„Alle gaben mich auf, denn sie sagten, dass ich über diese Krankheit hinaus auch noch schwindsüchtig war. Daraus machte ich mir allerdings nicht viel. Es waren die Schmerzen, die mich aufrieben, denn mein ganzer Körper tat mir dauernd weh, vom Kopf bis zu den Füßen. Nervenschmerzen sind nach Aussage der Ärzte ohnehin unerträglich, und weil sich meine alle verkrampften, war es ohne Frage eine harte Qual. Unter dieser Quälerei dürfte ich wohl kaum länger als drei Monate gelitten haben, denn es schien unmöglich, so viele Leiden auf einmal aushalten zu können.“
Als Teresas Körper schließlich von einer Lähmung befallen wird und sie dauerhaft das Bewusstsein verliert, erklären die Ärzte sie irgendwann für tot. Wie bei Toten üblich werden ihre Augen mit Kerzenwachs verschlossen. Hätte die Beerdigung sich nicht verzögert, wäre Teresa lebendig begraben worden. So aber erleben ihre Mitschwestern voll Erschrecken und Staunen, wie nach drei Tagen Teresas Bewusstsein zurückkehrt – wobei sich an Teresas Gesundheitszustand erst einmal nichts verbessert.
„Nur der Herr kann ermessen, welch unerträgliche Qualen ich litt. Meine Zunge zerbissen, die Kehle nicht minder, weil ich nichts geschluckt hatte und so geschwächt war, dass ich zu ersticken drohte. Ich kam mir ganz aufgelöst vor, im Kopf ganz verwirrt und ganz zusammengekrampft. Ich glaube, nur einen Finger der rechten Hand konnte ich noch bewegen. Körperlich war ich schlechter dran als eine Leiche. Dass es mir so erging, dauerte mehr als acht Monate, gelähmt zu sein fast drei Jahre. Als ich auf allen vieren zu kriechen begann, pries ich Gott.“
In der Stille lasse ich diesen Teil von Teresas Leben noch einmal auf mich wirken.
Nichts soll dich verwirren,
nichts dich erschrecken.
Alles vergeht, Gott aber ändert sich nicht.
Gott alleine genügt.
Wer ihn hat, dem wird nichts fehlen.