Hochmut
Herzlich Willkommen zu „Lebensliturgien für den Alltag“ – Staffel 3: KlosterPsalmen. Die 150 Psalmen der Bibel sind Herzstück aller klösterlichen Gebete. Sie sind bis oben hin angefüllt mit Leben: mit Glaube und Zweifel, Klage und Jubel, Hilflosigkeit und Übermut. Mithilfe der LebensLiturgien tauchen wir ein in die Welt der Psalmen und beten uns – wie im Kloster – Stück für Stück durch sie hindurch.
Jede LebensLiturgie beginnt und endet mit Gebeten, die immer gleichbleiben, Psalmtext und Impulse in der Mitte wechseln. Am intensivsten wirken die LebensLiturgien, wenn sie in Ruhe angehört werden. Und jetzt: viel Freude damit!
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt und lasse es ruhig werden in mir.
Ich atme langsam und bewusst.
Und sammle meine Gedanken.
Herr, du bist hier. Jetzt. In diesem Moment.
Du schaust mich liebevoll an.
Ein Gebet von Benedikt von Nursia, Vater des Mönchtums, aus dem 6. Jahrhundert:
Verleih mir,
gütiger und heiliger Vater,
in deiner Huld:
einen Verstand, der dich versteht,
einen Sinn, der dich wahrnimmt,
einen Eifer, der dich sucht,
ein Herz, das dich liebt,
ein Tun, das dich verherrlicht,
eine Geduld, die auf dich harrt.
Amen
Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes,
das Firmament verkündigt das Werk seiner Hände.
Ein Tag erzählt es dem anderen,
und eine Nacht teilt es der anderen mit.
Ohne Sprache und ohne Worte, lautlos ist ihre Stimme.
Und doch geht ein Klingen über die Erde, ein Raunen bis ans Ende der Welt.Er hat der Sonne ein Zelt am Himmel gemacht;
wie ein Bräutigam am Hochzeitstag kommt sie hervor,
wie ein strahlender Sieger betritt sie die Bahn.
An einem Ende des Himmels geht sie auf
und läuft hinüber bis zum anderen Rand.
Nichts bleibt vor ihrem feurigen Auge verborgen.Das Gesetz des HERRN ist vollkommen,
es stärkt und erfrischt die Seele.
Was der HERR in seinem Wort bezeugt,
darauf kann man sich verlassen,
auch einem Unerfahrenen wird dadurch Weisheit geschenkt.
Die Gebote des Herrn sind richtig und erfreuen das Herz.
Die Vorschriften des Herrn sind klar und schenken Einsicht.
Wertvoller als Gold sind sie und süßer als Honig.HERR, auch ich, dein Diener, lasse mich durch sie zurechtweisen;
sie zu befolgen bringt großen Lohn.
Wer kann schon merken, wie oft er falsch handelt?
Vergib mir auch die verborgene Schuld!
Und halte mich vor dem Hochmut zurück,
dass er nie über mich herrscht!
Dann stehe ich ohne Tadel da
und werde vor großem Unrecht bewahrt.Mögen die Worte, die ich sage,
und die Gedanken, die ich fasse,
dir gefallen, HERR,
mein Fels und mein Erlöser.
„Und halte mich vor dem Hochmut, vor dem Stolz zurück, dass er nie über mich herrscht.“ Das ist ein ziemlich gutes und wichtiges Gebet. Denn der Hochmut distanziert uns von Gott und allen anderen Menschen. Wer stolz ist, lebt im Grunde ausschließlich für sich selbst.
Es gibt den Stolz in verschiedenen Formen:
Stolz ist zum einen, wenn ich mich selbst als Urheber von Talenten und Erfolgen ansehe. Wenn ich bei Erfolg denke: „ICH habe das großartig gemacht!“ „Da ist MIR etwas wunderbar gelungen!“ Gott als Segnender und Schenkender spielt hier maximal eine untergeordnete Rolle.
Dann manifestiert sich Stolz in dem Gefühl, dass ich mir die Belohnungen und Früchte meines Lebens verdient habe. Dass sie mir zustehen, die Anerkennung anderer Menschen und auch so manche Privilegien, die mir aus meinem Können und meiner Arbeit zugewachsen sind.
Der Stolz zeigt sich außerdem darin, dass ich gesehen werden will. Wenn ich meine Fähigkeiten und Errungenschaften beständig ins Schaufenster meines Lebens stelle und geschickt versuche, die Aufmerksamkeits-Scheinwerfer anderer Menschen auf mich zu lenken.
Und schließlich erkenne ich Stolz in meinem Leben, wenn ich – heimlich oder ganz offen – auf andere, weniger begabte oder weniger erfolgreiche Menschen herabschaue.
Früher oder später zersetzt der Stolz alle Beziehungen – egal ob zu Gott oder zu anderen Menschen.
In der Stille schaue ich mit Gott gemeinsam auf mein Leben: wo und wem gegenüber hat sich Stolz breitgemacht? Ich bitte Gott dafür um Vergebung.
Was hilft gegen Stolz?
Unter anderem dieses sehr eindrückliche, etwa einhundert Jahre alte Gebet hier:
Von dem Wunsch, geehrt zu werden, befreie mich o Jesus.
Von dem Wunsch, bevorzugt zu werden, befreie mich.
Auch von dem Wunsch, Zustimmung zu finden, befreie mich, Jesus.
Von der Furcht, verachtet zu werden, befreie mich o Jesus.
Von der Furcht, vergessen zu werden, befreie mich.
Auch von der Furcht, Unrecht zu erfahren, befreie mich o Jesus.
Gewähre mir stattdessen die Gnade zu wünschen,
dass andere mehr geliebt werden als ich,
dass andere höher geschätzt werden als ich,
dass andere Lob erhalten, selbst wenn ich dabei übersehen werde.
Jesus gewähre mir die Gnade zu wünschen,
dass andere heiliger werden als ich,
vorausgesetzt, dass ich so heilig werde, wie ich soll.
O Jesus! Sanft und demütig von Herzen, höre mich.
nach Kardinal Rafael Merry del Val, 1865-1930
In der Stille lese ich dieses Gebet noch einmal langsam und spüre den Reaktionen nach, die diese Worte in mir auslösen. Wenn die Zeit nicht reicht, drücke ich einfach die Pause-Taste.
Wer kann schon merken, wie oft er falsch handelt?
Vergib mir auch die verborgene Schuld!
Und halte mich vor dem Hochmut zurück,
dass er nie über mich herrscht!
Dann stehe ich ohne Tadel da
und werde vor großem Unrecht bewahrt.Mögen die Worte, die ich sage,
und die Gedanken, die ich fasse,
dir gefallen, HERR,
mein Fels und mein Erlöser.
So lade ich dich, Gott, nun ein, den Tag, der vor mir liegt, zu gestalten – in mir und mit mir.
Atme in mir, Heiliger Geist, dass ich heute Gutes denke.
Wirke in mir, Heiliger Geist, dass ich heute Gutes fühle!
Pulsiere in mir, Heiliger Geist, dass ich heute Gutes tue!
Dir gebe ich meinen Tag und mein Leben.
Erfülle mich mit deiner Kraft und mit deiner Liebe.
Heute. Und an allen Tagen. Und in Ewigkeit. Amen.
(nach Augustinus)