Der Wert der Silbermünzen in der Antike schwankte stark - der Wert eines Menschen im Reich Gottes bleibt unermesslich groß.
Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit
Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.
Ich atme langsam und bewusst.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.
Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.
Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.
Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.
Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.
Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.
Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.
Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.
Aus Matthäus, Kapitel 5-7
Oder wie ist es, wenn eine Frau zehn Silbermünzen hat und eine davon verliert? Zündet sie da nicht eine Lampe an, kehrt das ganze Haus und sucht in allen Ecken, bis sie die Münze gefunden hat? Und wenn sie sie gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: ›Freut euch mit mir! Ich habe die Münze wiedergefunden, die ich verloren hatte.‹
Lukas-Evangelium 15,8-10
Das eigentliche Wort, die eigentliche Bezeichnung für die hier angesprochene Münze lautet: „Drachme“. Das Interessante ist: die Forschung kann nicht sicher sagen, ob die Drachme für die Frau in dem Gleichnis nun eigentlich wertvoll war oder nicht. Der Grund: Der Wert der Drachme in der Antike schwankte gewaltig. Es gab Zeiten, in denen man für fünf Drachmen einen Ochsen kaufen konnte. Die Frau hätte demnach den Gegenwert von einem Fünftel Ochsen irgendwo im Haus verloren, was vor allem für ärmere Menschen ein herber Verlust gewesen wäre.
Es gab allerdings auch Zeiten, in denen dem Silber der Drachme viel unedles Metall beigemischt war – teils durch kriminelle Münzfälscher, teils durch den Staat selbst, der durch diese Form der inflationären Geldvermehrung seine Staatsschulden in den Griff zu bekommen versuchte. In solchen Zeiten war die Drachme nur sehr wenig wert.
Ich finde diesen schwankenden Wert der Drachme ein charmantes Bild. Auch wir schwanken ja in dem, welchen Wert wir uns zumessen. Je nach Laune und Lebenserfolg empfinden wir uns mal als mehr und mal als weniger wertvoll. Auch mit Blick auf andere Menschen ist das Bild von dem schwankenden Wert der Drachme aussagekräftig. Denn nicht jeder Mensch für uns gleich wertvoll: manche haben für uns überragenden Wert, sind uns zutiefst kostbar. Andere Menschen sind uns weitgehend egal, gleichen einer Silbermünze zu Inflationszeiten.
Für Gott haben sowohl wir als auch alle Menschen um uns herum einen Wert, der von nichts und niemandem zu übertreffen ist. Und das liegt daran, dass bei Gott nicht unser Lebensinhalt oder unsere Lebenserrungenschaften unseren Wert bestimmen, sondern die Liebe Gottes zu jedem und jeder Einzelnen von uns. Es ist die unermessliche, unauslöschbare, alles überwindende Liebe Gottes, die jedem von uns einen unermesslichen Wert verleiht und die dazu führt, dass im Reich Gottes alle Menschen gleich wertvoll sind.
Oder wie ist es, wenn eine Frau zehn Silbermünzen hat und eine davon verliert? Zündet sie da nicht eine Lampe an, kehrt das ganze Haus und sucht in allen Ecken, bis sie die Münze gefunden hat? Und wenn sie sie gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: ›Freut euch mit mir! Ich habe die Münze wiedergefunden, die ich verloren hatte.‹
In der Stille lasse ich mir von Gott einen Menschen zeigen, dem ich zu wenig Wert zubillige.
Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:
Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.