Petrus fragt nach den Grenzen dessen, was es heißt, im Reich Gottes zu leben.
Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit
Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.
Ich atme langsam und bewusst.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.
Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.
Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.
Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.
Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.
Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.
Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.
Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.
Aus Matthäus, Kapitel 5-7
Da fragte Petrus: „Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er immer wieder gegen mich sündigt? Siebenmal?“
„Nein“, gab Jesus zur Antwort, „sondern siebzigmal siebenmal.“.Matthäus-Evangelium 18,21f.
Das ist … eine interessante Frage des Petrus:
Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er immer wieder gegen mich sündigt? Siebenmal?
Was mag Petrus zu dieser Frage getrieben haben? Ich vermute: Petrus hatte einen Gemeinschafts-Durchhänger. So viele Monaten war er mit seinen elf Mitjüngern bereits unterwegs, auf engstem Raum. Keinen einzigen seiner Gefährten hatte er sich ausgesucht und jeder von ihnen hatte verdammt anstrengende Seiten. Dazu das ständige Unterwegs-Sein, die Hitze, die Armut, Müdigkeit, Erschöpfung: da wird es das ein oder andere Mal mächtig geknallt haben, vielleicht sogar immer wieder mit derselben Person. Wer solche wuchtigen, sich ständig wiederholenden Konflikte kennt, kann Petrus‘ Frage mehr als nachvollziehen.
Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er immer wieder gegen mich sündigt?
Ich höre in dieser Frage sogar noch mehr als „nur“ die Frage nach den Grenzen der Vergebung. Ich höre darin zugleich die Frage nach den Grenzen dessen, was es bedeutet, in Gottes Reich zu leben. Muss es nicht irgendwann auch mal gut sein dürfen mit all der Großzügigkeit, dem Vergeben, dem Beten und Lieben? Muss es wirklich immer nach Gottes Vorstellungen gehen? Haben wir nie frei? Können wir zwischenrein nicht auch mal wieder auf das alte innere Programm umschalten und tun, was Menschen eben so tun?
Petrus fragt nach den Grenzen des Reiches Gottes, nach den Grenzen der Nächstenliebe und der Gottesliebe, nach den Grenzen von Gehorsam, Vertrauen und Hingabe. Die Antwort Jesu auf diese Frage lautet so:
Hört dieses Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der mit den Dienern abrechnen wollte, die seine Güter verwalteten. Gleich zu Beginn brachte man einen vor ihn, der ihm zehntausend Talente schuldete. Und weil er nicht zahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und seinem ganzen Besitz zu verkaufen und mit dem Erlös die Schuld zu begleichen. Der Mann warf sich vor ihm nieder und bat auf den Knien: ›Hab Geduld mit mir! Ich will dir alles zurückzahlen.‹ Da hatte der Herr Mitleid mit seinem Diener; er ließ ihn frei, und auch die Schuld erließ er ihm.
Doch kaum war der Mann zur Tür hinaus, da traf er einen anderen Diener, der ihm hundert Denare schuldete. Er packte ihn an der Kehle, würgte ihn und sagte: ›Bezahle, was du mir schuldig bist!‹ Da warf sich der Mann vor ihm nieder und flehte ihn an: ›Hab Geduld mit mir! Ich will es dir zurückzahlen‹. Er aber wollte nicht darauf eingehen, sondern ließ ihn auf der Stelle ins Gefängnis werfen, wo er so lange bleiben sollte, bis er ihm die Schuld zurückgezahlt hätte. Als das die anderen Diener sahen, waren sie entsetzt. Sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles.
Da ließ sein Herr ihn kommen und sagte zu ihm: ›Du böser Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest du da mit jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?
Matthäus-Evangelium 18, 23-33
In der Stille lasse ich die Frage von Petrus nach den Grenzen des Reiches Gottes und die Antwort Jesu auf mich noch einmal wirken.
Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:
Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.