Am 6. August 1965 verabschiedet der amerikanische Kongress den „Voting Rights Act“: ein neues, gerechteres Wahlrechtsgesetz.
Herzlich Willkommen zu Lebensliturgien, Staffel 8, Gerechtigkeit ströme wie Wasser. In dieser Staffel begegnen wir dem Leben und den Worten von Martin Luther King: gewaltloser Widerstandskämpfer, Bürgerrechtler, Friedensnobelpreisträger und Pastor. Martin Luther King hatte ein besonderes Gespür für Gottes gerechtigkeitsliebendes Herz, eine klare Berufung von Gott und: er hatte den Mut, sich mit unermüdlicher Ausdauer für Gerechtigkeit, Gleichheit und Würde aller Menschen einzusetzen – koste es, was es wolle. Möge Gott uns mit seinem guten Geist leiten.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt und lasse es ruhig werden in mir.
Ich sammle meine Gedanken und atme langsam und bewusst.
Gewiss: Gott fordert eine ganze Menge, ruft uns ins Tun des Gerechten.
Davor aber beschenkt er uns. Lässt uns ruhen. Und rüstet uns aus mit seinem Geist. In der Stille bete ich: „Komm, Heiliger Geist.“
Wir hören Worte aus Jesaja 58, Psalm 34 und Lukas 6:
Gott spricht: Ein frommes Leben, das mir gefällt, sieht so aus: Löst die Fesseln der Ungerechtigkeit! Knotet alle Jochstricke auf! Schafft jede Art von Unterdrückung ab! Lasst ab vom Bösen und tut Gutes; sucht Frieden und jagt ihm nach! Liebt eure Feinde und tut wohl denen, die euch hassen. Segnet, die euch verfluchen und betet für die, die euch beleidigen.
Wenn Ihr das tut, wird eure Gerechtigkeit vor euch hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird euren Zug beschließen. Dann wird euer Licht wie die Morgenröte aufstrahlen, und eure Wunden werden schnell heilen. Dann werdet Ihr rufen und der HERR wird antworten: ›Siehe, hier bin ich.‹ Dann wird der Herr euch immerdar führen und Ihr werdet sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Quelle, die niemals versiegt.
Am 6. August 1965 verabschiedet der amerikanische Kongress den „Voting Rights Act“. Das neue Wahlrechtsgesetz stellt die Wahlen in vielen Teilen des Südens unter Bundesaufsicht und schafft alle Lese- und Verständnistests bei der Wähler-Registrierung ab. Bei der anschließenden Rede zitiert Präsident Johnson höchstselbst das Leitmotiv der Bürgerrechtsbewegung: We shall overcome!
Allein in Selma steigt durch das neue Wahlrechtsgesetz die Anzahl der Wähler in einem Jahr von 333 auf 9000. Die Registrierung Schwarzer Wähler erreicht im Süden mit zirka 60 Prozent in etwa das Niveau der weißen Amerikaner dort. Auch die Anzahl Schwarzer Politiker nimmt landesweit rasch zu, von rund 70 auf über 700. Atlanta, New Orleans und auch Birmingham, die einstige Rassistenhochburg, werden von schwarzen Bürgermeistern regiert.
»Es gibt keine Bürgerrechtsbewegung mehr«, sagt James Bevel, einer der Schwarzen Bürgerrechtler, daraufhin bei der alljährlichen Versammlung der SCLC in Birmingham. Martin Luther King geht in seinem Statement nicht ganz so weit, stellt aber in Aussicht, dass riesige Demonstrationen im Süden nun vielleicht tatsächlich nicht mehr nötig sein werden, wenn die Leute sich an das neue Gesetz halten.
Journalisten in den Südstaaten prognostizieren einen schnellen und radikalen politischen und gesellschaftlichen Wandel. Sie sagen vorher: Schwarze Menschen werden sich nun in großer Zahl als Wahlberechtigte registrieren und stramme Anhänger der Rassentrennung so bei den nächsten Wahlen aus ihren Ämtern fegen. In Städten und Bezirken, wo mehr Schwarze als weiße Bürger wohnen, werden nun Schwarze Politiker gewählt werden und Macht ausüben. Schwarze Mitbürger werden in Zukunft auf angemessene Weise von staatlichen Leistungen profitieren, inklusive neuer Schulen und asphaltierter Straßen. Und da nun Schwarze und weiße Schüler die gleichen Schulen besuchen, wird das Bildungs- und Einkommensniveau so lange steigen, bis Schwarze und weiße Amerikaner endlich Gleichheit erreicht haben. Auch für die Bereiche Polizei und Justiz erwarten Viele eine zunehmende Gleichberechtigung durch die Macht der Schwarzen Wählerinnen und Wähler. Gewiss, es wird vielleicht ein paar Generationen dauern, doch der politische und gesellschaftliche Wandel hat bereits begonnen und wird sich immer stärker durchsetzen.
Soweit die Erwartungen und Reaktionen in den Wochen nach dem Voting Rights Act.
Dann aber geschieht, was Martin Luther King so beschreibt:
Sobald wir begannen, unseren Weg im Süden klar zu sehen, explodierten auf einmal der Schock und das Grauen von Unruhen im Norden vor unseren Augen und wir sahen, dass die Probleme der Schwarzen weit über die bloße Rassentrennung hinausgehen.
Es ist bitter: die Geschichte läuft einfach auf kein sichtbares gutes Ende zu. Immer aufs Neue überraschen uns Schreckensnachrichten. Immer aufs Neue werden hart errungene Erfolge wieder zunichte gemacht oder infrage gestellt. In der Stille klage ich dies Gott.
Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens und deiner Gerechtigkeit,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Amen.
nach Franz von Assisi