Am 2. Juli 1964 unterzeichnet Präsident Johnson den "Civil Rights Act"
Herzlich Willkommen zu Lebensliturgien, Staffel 8, Gerechtigkeit ströme wie Wasser. In dieser Staffel begegnen wir dem Leben und den Worten von Martin Luther King: gewaltloser Widerstandskämpfer, Bürgerrechtler, Friedensnobelpreisträger und Pastor. Martin Luther King hatte ein besonderes Gespür für Gottes gerechtigkeitsliebendes Herz, eine klare Berufung von Gott und: er hatte den Mut, sich mit unermüdlicher Ausdauer für Gerechtigkeit, Gleichheit und Würde aller Menschen einzusetzen – koste es, was es wolle. Möge Gott uns mit seinem guten Geist leiten.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt und lasse es ruhig werden in mir.
Ich sammle meine Gedanken und atme langsam und bewusst.
Gewiss: Gott fordert eine ganze Menge, ruft uns ins Tun des Gerechten.
Davor aber beschenkt er uns. Lässt uns ruhen. Und rüstet uns aus mit seinem Geist. In der Stille bete ich: „Komm, Heiliger Geist.“
Wir hören Worte aus Jesaja 58, Psalm 34 und Lukas 6:
Gott spricht: Ein frommes Leben, das mir gefällt, sieht so aus: Löst die Fesseln der Ungerechtigkeit! Knotet alle Jochstricke auf! Schafft jede Art von Unterdrückung ab! Lasst ab vom Bösen und tut Gutes; sucht Frieden und jagt ihm nach! Liebt eure Feinde und tut wohl denen, die euch hassen. Segnet, die euch verfluchen und betet für die, die euch beleidigen.
Wenn Ihr das tut, wird eure Gerechtigkeit vor euch hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird euren Zug beschließen. Dann wird euer Licht wie die Morgenröte aufstrahlen, und eure Wunden werden schnell heilen. Dann werdet Ihr rufen und der HERR wird antworten: ›Siehe, hier bin ich.‹ Dann wird der Herr euch immerdar führen und Ihr werdet sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Quelle, die niemals versiegt.
Am 2. Juli 1964 reist Martin Luther King nach Washington, um der Unterzeichnung des „Civil Rights Act“ (des amerikanischen Bürgerrechtsgesetzes) durch Präsident Johnson beizuwohnen, der statt des ermordeten John F. Kennedy Präsident geworden ist und der Sache der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wie sein Vorgänger positiv gegenübersteht.
Das Gesetz verbietet Rassentrennung in öffentlichen Einrichtungen und Diskriminierung am Arbeitsplatz. Zudem ermächtigt es den Justizminister, Schulbezirke zu verklagen, die Schwarze und weiße Schüle weiterhin in getrennten Schulen unterrichten. Und: es ermöglicht die Blockierung von Fördermitteln für Bundesstaaten, die weiterhin diskriminieren. In seiner landesweit im Fernsehen übertragenen Ansprache sagt Präsident Johnson:
Wir glauben, dass alle Menschen gleich geschaffen sind, doch vielen in unserem Land wird die gleiche Behandlung verweigert. Wir glauben, dass alle Menschen gewisse unveräußerliche Rechte haben, doch viele Amerikaner kommen nicht in den Genuss dieser Rechte. Wir glauben, dass alle Menschen Anspruch auf die Segnungen der Freiheit haben, doch Millionen werden diese Segnungen verwehrt. Nicht wegen ihrer eigenen Versäumnisse, sondern aufgrund ihrer Hautfarbe. ... Wir dürfen nicht weiter versagen.“
Trotz – oder gerade wegen – dieses Erfolges der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung kommt es in den kommenden Wochen und Monaten zu schweren Unruhen und Gewalt. In New York wird ein 15-jähriger Schwarzer Jugendlicher von einem weißen Polizisten erschossen. Daraufhin liefern sich mehrere Tage und Nächte lang tausende vor allem jugendliche Ghettobewohner in Harlem und Brooklyn Straßenschlachten mit Spezialkräften der Polizei. Als Martin Luther King sich auf Einladung des Bürgermeisters nach New York begibt und dort durch die verwüsteten Straßen Harlems läuft, wird er von den Bewohnern ausgebuht und mit Schimpfwörtern überzogen. Hier herrschen die Lehren von Malcolm X vor, der harten, blutigen Widerstand predigt. Martin Luther Kings Lehren vom gewaltlosen Widerstand werden von all der Wut und dem Hass weggerissen. Für die wütenden Bewohner der Schwarzen Viertel New Yorks steht King auf der Seite der Weißen.
Schwarze Aufstände in Philadelphia, Chicago und Los Angeles folgen. Und die republikanische Partei nominiert Senator Barry Goldwater für die anstehenden Präsidentschaftswahlen. Martin Luther King schreibt:
Unmittelbar nach Unterzeichnung des Civil Rights Act erschütterte eine Reihe von Ereignissen die Nation und zwang sie zu der düsteren Erkenntnis, dass die Schwarze Revolution unaufhaltsam würde weitergehen müssen. (…) Es war sowohl bedauerlich als auch verheerend, dass die Republikanische Partei Barry Goldwater als ihren Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten nominierte. (…) Mr. Goldwater war zwar selbst kein Rassist, aber er vertrat eine Philosophie, die den Rassisten Beistand und Trost spendete. Seine Kandidatur und seine Philosophie sollten als Dach dienen, unter dem Extremisten aller Couleur ein Dach und Zuhause finden würden. (…)
Eine kalte Angst ergriff die Herzen von zwanzig Millionen Schwarzen. Sie hatten doch gerade erst begonnen, das dunkle Land Ägypten zu verlassen, in dem so viele ihrer Brüder noch immer in Knechtschaft lebten. Die Kräfte, die uns den Weg zur Freiheit versperrten und uns nun auf einmal wieder zurück nach Ägypten treiben wollten, schienen beängstigend stark, einflussreich und ganz und gar entschlossen zu sein.
In der Stille bringe ich mein eigenes Land vor Gott, das Ringen um Menschenwürde und Respekt für alle, die in diesem meinem Land leben.
Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens und deiner Gerechtigkeit,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Amen.
nach Franz von Assisi