Michael King versucht sein Glück als Großstadt-Prediger in Atlanta und heiratet die Tochter eines berühmten Geistlichen.
Herzlich Willkommen zu Lebensliturgien, Staffel 8, Gerechtigkeit ströme wie Wasser. In dieser Staffel begegnen wir dem Leben und den Worten von Martin Luther King: gewaltloser Widerstandskämpfer, Bürgerrechtler, Friedensnobelpreisträger und Pastor. Martin Luther King hatte ein besonderes Gespür für Gottes gerechtigkeitsliebendes Herz, eine klare Berufung von Gott und: er hatte den Mut, sich mit unermüdlicher Ausdauer für Gerechtigkeit, Gleichheit und Würde aller Menschen einzusetzen – koste es, was es wolle. Möge Gott uns mit seinem guten Geist leiten.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt und lasse es ruhig werden in mir.
Ich sammle meine Gedanken und atme langsam und bewusst.
Gewiss: Gott fordert eine ganze Menge, ruft uns ins Tun des Gerechten.
Davor aber beschenkt er uns. Lässt uns ruhen. Und rüstet uns aus mit seinem Geist. In der Stille bete ich: „Komm, Heiliger Geist.“
Wir hören Worte aus Jesaja 58, Psalm 34 und Lukas 6:
Gott spricht: Ein frommes Leben, das mir gefällt, sieht so aus: Löst die Fesseln der Ungerechtigkeit! Knotet alle Jochstricke auf! Schafft jede Art von Unterdrückung ab! Lasst ab vom Bösen und tut Gutes; sucht Frieden und jagt ihm nach! Liebt eure Feinde und tut wohl denen, die euch hassen. Segnet, die euch verfluchen und betet für die, die euch beleidigen.
Wenn Ihr das tut, wird eure Gerechtigkeit vor euch hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird euren Zug beschließen. Dann wird euer Licht wie die Morgenröte aufstrahlen, und eure Wunden werden schnell heilen. Dann werdet Ihr rufen und der HERR wird antworten: ›Siehe, hier bin ich.‹ Dann wird der Herr euch immerdar führen und Ihr werdet sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Quelle, die niemals versiegt.
Michael King – der Vater von Martin Luther King, von vielen deshalb später nur „Daddy King“ gerufen – wurde am 19. Dezember 1899 geboren und sollte nach dem Willen seines Vaters Jim ebenfalls Landarbeiter werden. Doch Michael wollte nicht. Er wollte nicht auf die gleiche Weise enden wie sein Vater: unterdrückt, wütend, ausgebeutet, ohne jede Perspektive.
Die Kirche bot ihm einen Ausweg: die Freiheit, die er dort verspürte. Die Musik. Die Energie. Die Hoffnung. Der Glaube. Er selbst schrieb:
Noch bevor ich wusste, worum es im christlichen Glauben geht, oder gar die Rituale und Zeremonien verstand, hatte die Kirchenmusik einen sehr tiefen Eindruck auf mich gemacht. Schon als kleines Kind begann ich zu singen und wurde bald von meiner Mutter zu den (…) Gottesdiensten mitgenommen, wo die Leute vom kleinen Mike King sprachen, der so gut singen konnte und die Kirche von ganzem Herzen liebte. Es stimmte. Ich fühlte mich in der Kirche immer sehr wohl und glücklich; ich wurde nicht müde, zu (…) Taufen, Hochzeiten und all den anderen Gottesdiensten zu gehen.
Mit zehn Jahren stand sein Entschluss fest, ein Geistlicher zu werden. Mit fünfzehn wurde er als Prediger zugelassen und drei Jahre später zog er als Achtzehnjähriger mit dem Güterzug in die große Stadt Atlanta, um dort als Prediger sein Glück zu versuchen. Er hielt sich mit verschiedenen Jobs über Wasser und besuchte nach der Arbeit eine Abendschule. Mühsam musste er nachholen, was ihm als Kind an Bildung vorenthalten worden war. Er fand Beschäftigung bei verschiedenen Kirchen und improvisierte Predigten auf der Grundlage von denen, die er in seiner Heimatkirche als Kind und Jugendlicher gehört hatte.
In Atlanta war zu dieser Zeit eine Dynamik besonders spürbar, die schon Jahrzehnte zuvor begonnen hatte und nun immer stärker hervortrat: angespornt von Predigern und Lehrkräften weigerten sich immer mehr Schwarze Menschen, ihren Status als Bürger zweiter Klasse hinzunehmen. Eine Reihe ambitionierter Schwarzer Männer und Frauen verließen den Süden der Vereinigten Staaten gen Norden und viele andere verließen wenigstens die ländlichen Gegenden in Richtung Großstadt, um der Willkür und den gewalttätigen Diskriminierungen zu entgehen, die im gesamten Süden der USA stark ausgeprägt waren, auf dem Land dort jedoch noch einmal besonders.
In Atlanta hatte die NAACP – eine der ältesten Schwarzen Bürgerrechts-Vereinigungen – Einfluss und Kraft. Einer ihrer Leiter in Atlanta war A.D. Williams, Pastor der Ebenezer Baptist Church und einer der beliebtesten und einflussreichsten Schwarzen Prediger in den Südstaaten. Für A.D. Williams gehörten Theologie und soziales Handeln zusammen. Er organisierte – auch von der Kanzel aus – Protestmärsche und Boykotte gegen Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten.
Michael King begann, Alberta, der Tochter von A.D. Williams den Hof zu machen – auch gegen den Widerstand ihrer Mutter. Zu unpassend erschien ihr Michael King: zu ländlich, zu einflusslos, zu ungebildet. Doch Albertas Vater, A.D. Williams, meinte:
Dieser King hat nichts. Kein Geld, keine Kirche, gar nichts. Aber ich denke mir, (…) all das wird er bald haben und noch mehr dazu. Weil er ein rechtschaffener und aufrichtiger Mann ist.
Trotzdem beharrte Williams darauf, dass Michael King sich noch eine Weile beweisen müsse. Er wollte wissen, ob dieser King auch Ausdauer und Zähigkeit besaß. Denn Williams erlebte Tag für Tag, dass die Zeiten rauer wurden, dass sich an der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung immer mehr Konflikte entzündeten, dass der Druck von Seiten der Weißen wuchs. Ein Mann, der seine Tochter heiraten durfte, musste diesen Konflikten und diesem Druck standhalten können. Erst nach sechs Jahren des Werbens durfte Michael King seine Alberta heiraten. Kurze Zeit später wurde er Hilfsgeistlicher der Ebenezer Baptist Church und arbeitete mit seinem Schwiegervater zusammen.
Ausdauer und Zähigkeit als Qualitätsmerkmal. In der Stille überlege ich, wo ich zuletzt Ausdauer und Zähigkeit bewiesen habe in meinem Leben.
Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens und deiner Gerechtigkeit,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Amen.
nach Franz von Assisi