Für Michael King (alias Daddy King alias Martin Luther King Senior) ist das Evangelium von Jesus Christus keine reine Privatsache, sondern führt direkt hinein in gesellschaftliches und politisches Engagement.
Herzlich Willkommen zu Lebensliturgien, Staffel 8, Gerechtigkeit ströme wie Wasser. In dieser Staffel begegnen wir dem Leben und den Worten von Martin Luther King: gewaltloser Widerstandskämpfer, Bürgerrechtler, Friedensnobelpreisträger und Pastor. Martin Luther King hatte ein besonderes Gespür für Gottes gerechtigkeitsliebendes Herz, eine klare Berufung von Gott und: er hatte den Mut, sich mit unermüdlicher Ausdauer für Gerechtigkeit, Gleichheit und Würde aller Menschen einzusetzen – koste es, was es wolle. Möge Gott uns mit seinem guten Geist leiten.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt und lasse es ruhig werden in mir.
Ich sammle meine Gedanken und atme langsam und bewusst.
Gewiss: Gott fordert eine ganze Menge, ruft uns ins Tun des Gerechten.
Davor aber beschenkt er uns. Lässt uns ruhen. Und rüstet uns aus mit seinem Geist. In der Stille bete ich: „Komm, Heiliger Geist.“
Wir hören Worte aus Jesaja 58, Psalm 34 und Lukas 6:
Gott spricht: Ein frommes Leben, das mir gefällt, sieht so aus: Löst die Fesseln der Ungerechtigkeit! Knotet alle Jochstricke auf! Schafft jede Art von Unterdrückung ab! Lasst ab vom Bösen und tut Gutes; sucht Frieden und jagt ihm nach! Liebt eure Feinde und tut wohl denen, die euch hassen. Segnet, die euch verfluchen und betet für die, die euch beleidigen.
Wenn Ihr das tut, wird eure Gerechtigkeit vor euch hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird euren Zug beschließen. Dann wird euer Licht wie die Morgenröte aufstrahlen, und eure Wunden werden schnell heilen. Dann werdet Ihr rufen und der HERR wird antworten: ›Siehe, hier bin ich.‹ Dann wird der Herr euch immerdar führen und Ihr werdet sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Quelle, die niemals versiegt.
Michael King, der Vater von Martin Luther King, lernte viel von seinem Schwiegervater A.D. Williams, dem Haupt-Geistlichen der Ebenezer Baptist Church, der damals einflussreichsten schwarzen Gemeinde in Atlanta. Beide predigten – Seite an Seite – ein Evangelium mit konkreten sozialen Auswirkungen. Sie predigten, dass Gott von Herzen zu loben, zu lieben und zu preisen ist und dass jeder und jede von uns Jesus als Erlöser braucht und annehmen muss. Sie predigten aber auch, dass christlicher Glaube keine rein private Sache ist, dass das Evangelium Jesu notwendigerweise ungerechte Strukturen infragestellt und aktiv – auch gesellschaftlich und politisch – Partei ergreift für die Schwachen und die Unterdrückten.
Michael King leitete eine Initiative, die Präsident Roosevelt dazu bringen sollte, Rassendiskriminierung in Zügen zu beseitigen und er kämpfte – gemeinsam mit dem NAACP – für Gleichberechtigung bei den Lehrer-Gehältern: Schwarze Lehrer verdienten kaum mehr als die Hälfte dessen, was ihre weißen Kollegen verdienten. Außerdem setzte Michael King sich – zusammen mit vielen anderen – gegen das Unrecht im Bereich Wahlrecht ein: von den Vorwahlen waren Schwarze ganz grundsätzlich ausgeschlossen, für andere Wahlen mussten Schwarze sich erst registrieren – und dabei viele Hürden und Schikanen überwinden. Auf diese Weise hatten Schwarze im offiziellen politischen System keine, oder zumindest kaum eine Stimme.
Immer wieder versuchte Michael King, die Basis der Bürgerrechtsbewegung in Atlanta zu vergrößern und möglichst viele seiner Predigerkollegen für den politischen und sozialen Einsatz gegen Diskriminierung zu gewinnen – unter anderem mit Worten wie diesen:
Oft sagen wir, dass die Kirche in der Politik nichts zu suchen hat, und vergessen dabei die Worte des Herrn: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn er hat mich gesalbt, den Armen das Evangelium zu verkünden; er hat mich gesandt, den Gefangenen die Freiheit zu verkünden und den Blinden, dass sie wieder sehen, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen.” Daraus ergibt sich, dass wir etwas für die Armen, die Arbeitslosen, die Gefangenen, die Blinden und die Verletzten tun müssen. Wie können Menschen ohne Arbeit, Nahrung, Unterkunft und Kleidung glücklich sein? ... Herr! Schenke doch, dass jeder Geistliche ein Teil der Bewegung zur Verbesserung der Lebensbedingungen unseres Volkes wird.
Als Geistliche tragen wir eine große Verantwortung als Führungspersönlichkeiten. Wir können nicht von unseren Leuten erwarten, dass sie sich als Wähler registrieren, solange wir als Führungspersönlichkeiten nicht mit gutem Beispiel vorangehen.
Wie sehr Michael King sich als ein Reformator festgefahrener, falscher Systeme verstand, wird auch durch seine Namensänderung deutlich. Auf einer Reise nach Deutschland im Jahr 1934 erfuhr Michael King mehr über Martin Luther und seinen aufrechten Kampf für das Evangelium und gegen die ungerechten Zustände der damaligen katholischen Kirche. King war fasziniert von Durchhaltevermögen, Furchtlosigkeit und Kampfkraft Martin Luthers, der trotz Exkommunikation und Todesdrohungen weiter an seinen Überzeugungen festhielt. Ab dieser Zeit nannte Michael King sich Martin Luther King, später bekannt als Martin Luther King Senior.
Welche Missstände, welche Ungerechtigkeiten in meinem Umfeld (oder in meinem Land) empfinde ich als grundfalsch und wecken eine Art heiligen Zorn in mir? Fließt daraus irgendeine Art von Engagement in meinem Leben?
Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens und deiner Gerechtigkeit,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Amen.
nach Franz von Assisi