Zunächst Zweifel und dann Begierde, das sind die Folgen der Einflüsterungen der Schlange in der Schöpfungserzählung.
Herzlich Willkommen zu „Lebensliturgien für den Alltag“. Mithilfe der LebensLiturgien wollen wir uns mit Gott verbinden und uns von seinem Geist in die Freiheit führen lassen – in die Freiheit anders zu leben: einfacher, achtsamer, leichter.
Jede LebensLiturgie beginnt und endet mit Gebeten, die immer gleichbleiben, Bibeltext und Impulse in der Mitte wechseln. Am intensivsten wirken die LebensLiturgien, wenn sie in Ruhe angehört werden. Und jetzt: viel Freude damit!
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt und lasse es ruhig werden in mir.
Ich atme langsam und bewusst.
Und sammle meine Gedanken.
Herr, du bist hier. Jetzt. In diesem Moment.Und schaust mich liebevoll an.
„Lobe den HERRN, meine Seele! HERR, mein Gott, du bist sehr groß:
in Hoheit und Pracht bist du gekleidet.
Licht ist dein Kleid, das du anhast.
Du breitest den Himmel aus wie ein Zelt.
Du lässest Brunnen quellen in den Tälern, dass alle Tiere des Feldes trinken.
Darüber sitzen die Vögel des Himmels und singen in den Zweigen.
Du tränkst die Berge von oben her, und machst das Land voll Früchte, die du schaffest.“aus Psalm 104
Herr, unser Gott! Die Welt ist dein –
in all ihrer Vielfalt und mit all ihren Wundern.
Lob sei dir und Dank dafür!
Auch ich bin dein.
So bitte ich: erfülle und leite mich mit deinem Heiligen Geist,
dass ich die Schönheit deiner Schöpfung wahrnehme
und auf eine Weise lebe,
die deine Welt bewahrt
und weltweit zum Segen wird für viele.
Amen
So. Es ist alles bereit. Die Natur ist geschaffen, die Tiere sind geschaffen, der Mensch ist geschaffen. Alles ist wohl geordnet und erfüllt von Gottes Großzügigkeit und Güte. Der Garten Eden erstreckt sich weit und üppig und wunderschön. Alles ist bereit für ein Leben in Fülle – für alle: Natur und Tiere und Menschen.
Da schleicht sich auf einmal der Zweifel ein. Waren Adam und Eva gerade eben noch voller Glück übereinander und über die üppige Schönheit und Fülle des Gartens, kriecht auf einmal der Zweifel empor. Warum sollten sie ausgerechnet von diesem einen geheimnisvollen Baum nicht essen? Baum der Erkenntnis – klingt doch verlockend.
Wir hören Worte aus dem ersten Buch Mose, Kapitel 3:
„Aber die Schlange war listiger als alle Tiere des Feldes, die Jahwe-Gott gemacht hatte. Sie sprach zu der Frau: „Hat Gott tatsächlich gesagt, nicht von allen Bäumen im Garten sollt Ihr essen?“ Da sprach die Frau zur Schlange: Wir dürfen von den Früchten der Bäume im Garten essen. Aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esst nicht davon! Rührt sie auch nicht an, damit Ihr nicht sterbt!. Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs sterben. Gott weiß, an dem Tag, an dem Ihr davon esst, werden eure Augen aufgehen. Ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und schlecht ist.“
Es ist erstaunlich. Eigentlich ist alles gut. Eigentlich haben Adam und Eva mehr als genug. Es gibt keinerlei äußere Notwendigkeit, mehr zu wollen. Eher im Gegenteil. Und trotzdem schleicht sich zuerst der Zweifel ein … und dann die Begierde. Zuerst der Zweifel: reicht es wirklich? Dachboden, Kühlschrank, Kleiderschrank und Keller mögen übervoll sein, aber könnte es nicht noch etwas geben, was ich noch nicht habe? Was ich noch nicht besitze? Was ich noch nicht erlebt oder ausprobiert habe? Reicht es wirklich?
Gibt es aktuell Bereiche in meinem Leben, wo der Zweifel in mir emporkriecht, dass es nicht reicht? Dass ich nicht genug habe? Dass Gott mich nicht ausreichend versorgt?
„Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs sterben. Gott weiß, an dem Tag, an dem Ihr davon esst, werden eure Augen aufgehen. Ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und schlecht ist. Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen war und dass er eine Lust für die Augen war und verlockend, weil er klug macht. Und sie nahm von seiner Frucht und aß. Und sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war. Und er aß auch.“
Zuerst kommt der Zweifel. Und dann die Begierde. Die Erkenntnis: Doch, doch! Da gibt es tatsächlich noch Schuhe, die ich nicht besitze. Wein, den ich noch nie getrunken habe. Länder, die ich noch nie bereist habe. Doch, doch: da gibt es Technik, die mir noch nicht zur Verfügung steht. Partner, die ich noch nie ausprobiert habe. Herausforderungen, an denen ich mich noch nicht versucht habe. Und doch, ja: da gibt es Bodenschätze, die wir Menschen noch nicht ausgebeutet haben. Ölreserven, die wir noch nicht angebohrt haben. Ressourcen, die wir noch nicht für uns nutzbar gemacht haben. Da gibt es noch mehr! So viel mehr, was uns verlockt und eine Lust ist für unsere Augen.
Zuerst kommt der Zweifel. Und dann die Begierde. Welchen Wünschen und Begierden jage ich aktuell nach? Welche inneren Bilder und Vorstellungen verlocken mich und sind eine Lust für meine inneren Augen? In der Stille halte ich meine Begierden vor Gott in sein Licht. Und bitte um Vergebung.
Herr, mein Gott!
Gib, dass ich heute deine Welt betrachte mit Augen, die voller Liebe sind.
Schenke mir die Bereitschaft, den Menschen um mich herum
und deiner Schöpfung mit Hingabe zu dienen
und alles Gute, das du in sie hineingelegt hast, zu entfalten und zu bewahren.
Bewirke, o Herr, dass ich so voller Freude und Güte bin,
dass alle, die mir begegnen,
sowohl deine Gegenwart, als auch deine Liebe spüren.
Bekleide mich mit deiner Schönheit,
damit ich dich im Verlaufe dieses Tages offenbare.
Ehre sei dir, Vater, dir Sohn, und die Heiligem Geist, wie es war im Anfang, so auch jetzt und dann allezeit und in Ewigkeit. Amen.