In seiner Predigt zum Thema Feindesliebe sucht Martin Luther King nach rational einleuchtenden Gründen für Jesu Gebot der Feindesliebe.
Herzlich Willkommen zu Lebensliturgien, Staffel 8, Gerechtigkeit ströme wie Wasser. In dieser Staffel begegnen wir dem Leben und den Worten von Martin Luther King: gewaltloser Widerstandskämpfer, Bürgerrechtler, Friedensnobelpreisträger und Pastor. Martin Luther King hatte ein besonderes Gespür für Gottes gerechtigkeitsliebendes Herz, eine klare Berufung von Gott und: er hatte den Mut, sich mit unermüdlicher Ausdauer für Gerechtigkeit, Gleichheit und Würde aller Menschen einzusetzen – koste es, was es wolle. Möge Gott uns mit seinem guten Geist leiten.
Zu Beginn meines Betens lege ich zur Seite, was mich beschäftigt und lasse es ruhig werden in mir.
Ich sammle meine Gedanken und atme langsam und bewusst.
Gewiss: Gott fordert eine ganze Menge, ruft uns ins Tun des Gerechten.
Davor aber beschenkt er uns. Lässt uns ruhen. Und rüstet uns aus mit seinem Geist. In der Stille bete ich: „Komm, Heiliger Geist.“
Wir hören Worte aus Jesaja 58, Psalm 34 und Lukas 6:
Gott spricht: Ein frommes Leben, das mir gefällt, sieht so aus: Löst die Fesseln der Ungerechtigkeit! Knotet alle Jochstricke auf! Schafft jede Art von Unterdrückung ab! Lasst ab vom Bösen und tut Gutes; sucht Frieden und jagt ihm nach! Liebt eure Feinde und tut wohl denen, die euch hassen. Segnet, die euch verfluchen und betet für die, die euch beleidigen.
Wenn Ihr das tut, wird eure Gerechtigkeit vor euch hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird euren Zug beschließen. Dann wird euer Licht wie die Morgenröte aufstrahlen, und eure Wunden werden schnell heilen. Dann werdet Ihr rufen und der HERR wird antworten: ›Siehe, hier bin ich.‹ Dann wird der Herr euch immerdar führen und Ihr werdet sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Quelle, die niemals versiegt.
Wir bleiben noch bei Martin Luther Kings Predigt zum Thema Feindesliebe, die er so oder ähnlich wieder und wieder an den unterschiedlichsten Orten gehalten hat. In dieser Predigt sucht er nach rational einleuchtenden Gründen für Jesu Gebot der Feindesliebe, das auf den ersten und zweiten Blick ja stets eher irrational wirkt.
Ich denke, der erste Grund, warum wir unsere Feinde lieben sollen, ist dieser: wer mit Hass auf Hass reagiert, verstärkt damit nur die Existenz von Hass und Bösem im Universum. Jemand muss genug Verstand und Moral haben, um die Kette des Hasses und die Kette des Bösen im Universum zu durchtrennen. Und das tut man durch Liebe.
Ein weiterer Grund, den er nennt und der für Feindesliebe spricht: Hass verzerrt die Persönlichkeit des Hassenden. Sobald ein Mensch einen anderen hasst, fängt der an, irrationale Dinge zu tun.
Für den Menschen, der hasst, wird das Schöne hässlich und das Hässliche wird schön. Für den Menschen, der hasst, wird das Gute schlecht und das Schlechte gut. Der Hass zerstört die Struktur der Persönlichkeit des Hassenden selbst. Hass ist wie erodierende Säure, die das Beste und das objektive Zentrum deines Lebens auffrisst.
Zum Abschluss verweist er auf die erlösende Kraft von Liebe.
Wenn ihr eure Feinde hasst, habt ihr keine Möglichkeit, eure Feinde zu erlösen und zu verwandeln. Wenn ihr aber eure Feinde liebt, werdet ihr entdecken, dass in der Liebe die Kraft zur Erlösung liegt. Ihr liebt die Menschen einfach weiter und liebt sie, auch wenn sie Euch schlecht behandeln. Durch die Kraft Eurer Liebe werden ihre Feindschaft und ihr Hass irgendwann zusammenbrechen.
Es gibt da dieses Holz auf einem kleinen Hügel außerhalb Jerusalems, an dem die einflussreichste Persönlichkeit hängt, die je in diese Welt kam. Dieses Geschehen ist kein bedeutungsloses Drama irgendwo auf den vielen Nebenbühnen der Geschichte. Nein, es ist ein Fernrohr, durch das wir einen tiefen Blick hinein in die Ewigkeit tun und die Liebe Gottes sehen, die in die Zeit einbricht. Golgotha ist eine bleibende, ewige Erinnerung an eine von Macht und Gewalt besoffene Generation, dass die Liebe der einzige Weg ist. Dass die Liebe die einzige schöpferische, erlösende und verwandelnde Kraft im Universum ist.
Und weil Martin Luther King weiß, aus eigener Erfahrung weiß, dass dieser Weg aus eigener Kraft im Grunde ungangbar ist für uns Menschen, beendet er seine Predigt mit einem Gebet.
Oh Gott, hilf uns, diese verwandelnde Kraft der Liebe in unserem Leben zu entfalten und uns zu den Füßen Jesu niederzuwerfen. Gib uns diese starke Entschlossenheit. Im Namen und im Geiste dieses Jesus Christus beten wir. Amen.
In der Stille stimme ich in dieses Gebet mit ein.
Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens und deiner Gerechtigkeit,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Amen.
nach Franz von Assisi